Barbara Allgaier Leuch

• Der Anteil der alten Bestände und dicken Bäume hat in der letzten Dekade zugenommen, was für die Biodiversität positiv ist. Dagegen mangelt es zunehmend an jungen Beständen sowie ausreichender Verjüngung. Dies könnte sich negativ auf die Schutz- und Holzproduktionsfunktionen des Waldes auswirken.
• Aus ökonomischer Sicht ist der Schweizer Wald in seinem Altersaufbau zu alt. Aus ökologischer Sicht dagegen fehlen alte Bestände und dicke Bäume. Die Bestandesstrukturen aber sind oft vielfältig.
• Es gilt, angesichts des Klimawandels die strukturelle Vielfalt weiter zu erhöhen, denn reich strukturierte Wälder mit genügender Verjüngung sind weniger anfällig und können nach Störungen die Leistungen schneller wieder erbringen.

• Les eaux souterraines des zones forestières sont en général de si bonne qualité qu'elles peuvent être injectées sans traitement dans le réseau d'eau potable.
• Le lessivage des nitrates des sols forestiers n'a guère évolué durant la dernière décennie. Il peut être localement élevé, signalant une charge excessive d'azote.
• Pour abaisser la concentration de nitrates dans les eaux d'infiltration et donc dans l'eau potable de zones forestières, les dépôts atmosphériques azotés doivent être réduits. Des mesures sylvicoles renforçant la résilience de la forêt permettent de limiter le risque de lessivage de nitrates après des perturbations.

• La part de peuplements âgés et de gros arbres a augmenté durant la dernière décennie, ce qui est favorable à la biodiversité. En revanche, les jeunes peuplements et la régénération font de plus en plus défaut. Les fonctions de protection et de production de bois de la forêt pourraient en souffrir.
• Du point de vue économique, la forêt suisse est trop vieille dans sa structure d'âge. Du point de vue écologique, elle manque au contraire de vieux peuplements et de gros arbres. Cependant, les structures des peuplements sont souvent variées.
• Au vu des changements climatiques, il importe d'accroître encore cette diversité, car des forêts très structurées avec une régénération suffisante sont
moins vulnérables et plus vite capables de fournir à nouveau leurs prestations après des perturbations.

• Das Grundwasser aus Waldgebieten ist meist von so guter Qualität, dass es ohne weitere Aufbereitung ins Trinkwassernetz eingespeist werden kann.
• Die Nitratauswaschung aus den Waldböden hat sich in der letzten Dekade kaum verändert. Sie kann jedoch lokal hoch sein und weist auf eine übermässige Stickstoffbelastung hin.
• Um die Nitratkonzentrationen im Sickerwasser und damit im Trinkwasser aus Waldgebieten zu senken, ist die Reduktion der Stickstoffeinträge aus der Luft erforderlich. Mit waldbaulichen Massnahmen, die die Resilienz der Wälder stärken, lässt sich zudem das Risiko der Nitratauswaschung nach Störungsereignissen verringern.

• La part de forêts protectrices avec peu de régénération a encore augmenté durant la dernière décennie du fait de leur densification et d'un abroutissement
toujours intense des ongulés.
• Selon l'Inventaire forestier national (IFN), 44 % des forêts suisses sont des forêts protectrices. Elles protègent la population et les infrastructures contre les dangers naturels tels que glissements de terrain, avalanches, chutes de pierres ou laves torrentielles.
• Par endroits, les perturbations accrues causées par les changements climatiques affaibliront leur effet protecteur. Pour limiter au maximum leur impact, la résilience de ces forêts doit être augmentée.

• In der letzten Dekade hat der Anteil des Schutzwaldes mit wenig Verjüngung erneut zugenommen, weil die Schutzwälder dichter geworden sind und der Verbiss durch Schalenwild auf hohem Niveau verharrte.
• 44 % des Schweizer Waldes sind gemäss Landesforstinventar Schutzwald. Er schützt Menschen und Sachwerte vor Naturgefahren wie Rutschungen, Lawinen, Steinschlag oder Murgängen.
• Die zunehmenden Störungen aufgrund des Klimawandels werden die Schutzwirkung des Waldes gebietsweise mindern. Um solche Beeinträchtigungen möglichst gering zu halten, muss die Resilienz der Schutzwälder erhöht werden.

Im Rahmen des Projektes NaiS-LFI wurden in den Jahren 2014–2019 die Vegetationshöhenstufen und die Standorttypen auf den zugänglichen Waldprobeflächen des Schweizerischen Landesforstinventars (LFI) bestimmt. Dies geschah in der Systematik der Wegleitung «Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald» (NaiS). So bietet sich die Möglichkeit zu analysieren, wie hoch die Übereinstimmung des Outputs der bislang im LFI verwendeten Definitionen und Modelle mit den auf den Probeflächen bestimmten NaiS-Vegetationshöhenstufen und -Vegetationseinheiten (= Gruppen von Standorttypen) ist. Bei den Vegetationshöhenstufen betrug die Übereinstimmung 76%. Bei den Vegetationseinheiten war sie mit 36% wesentlich geringer. Die NaiS-Vegetationshöhenstufen und -Vegetationseinheiten sind seit Juni 2023 als Klassifizierungsmerkmale in der LFI-Ergebnisabfrage im Internet verfügbar. Zudem werden in den Ableitungen, die sich auf Vegetationshöhenstufen oder Vegetationseinheiten stützen (z.B. zur Bestimmung der Naturnähe des Nadelholzanteils), neu die NaiS-Angaben verwendet.

Von den Alpen bis zum Jura prägt die Fichte unsere Bergwälder und erfüllt dort wichtige Schutzfunktionen. Da die Art fast alle waldfähigen Standorte besiedeln kann und rasch wächst, wurde sie lange Zeit über ihr natürliches Verbreitungsgebiet hinaus angebaut. So ist die Fichte heute auch im Mittelland die häufigste Baumart.

Bei der Waldbewirtschaftung geht es darum, gewünschte Leistungen mit möglichst wirksamen und kostengünstigen Eingriffen bereitzustellen. Von besonderer Bedeutung sind dabei Eingriffe, die über den Erfolg der Waldverjüngung bestimmen. Entsprechend wird die Verjüngung bei der Planung und Kontrolle von waldbaulichen Eingriffen, in der Waldplanung wie auch in der Jagdplanung regelmässig beurteilt. Allerdings sind Erfassung und Beurteilung der Verjüngung mit einigen Herausforderungen verbunden. In diesem Beitrag stellen wir fünf Indikatoren für die Beurteilung der Verjüngungssituation vor: die Verjüngungsdichte, der Verjüngungsdeckungsgrad, die Distanz zwischen Verjüngungsansätzen, der Flächenanteil ohne Verjüngung sowie die Verjüngungsfläche. Wir diskutieren ihre Eigenschaften und zeigen ihren Einsatzbereich in der Praxis auf. Die verschiedenen Indikatoren unterscheiden sich insbesondere darin, ob sie mithilfe von Messungen oder von Schätzungen erfasst werden, was Folgen für den Erhebungsaufwand und die Reproduzierbarkeit hat. Bei der Planung und Kontrolle von waldbaulichen Eingriffen ist in vielen Fällen eine gutachtliche Beurteilung der Verjüngung durch okulare Schätzung ausreichend. Wo die Verjüngungssituation jedoch unklar ist oder kontrovers beurteilt wird, werden gemessene Daten benötigt. Für den auf Messwerten beruhenden Indikator Verjüngungsdichte sind die Zielvorstellungen (Sollwerte, Bandbreiten) erst noch zu konsolidieren.

Die Wetterextreme der letzten Jahre haben im Schweizer Wald deutliche Spuren hinterlassen. Es gibt mehr geschädigte und tote Bäume. Ausserdem wachsen weniger junge Bäume nach. Dies zeigen die Zwischenresultate über die Erhebungsjahre 2018 bis 2022 des laufenden fünften Landesforstinventars (LFI5), die am 30. Mai 2023 veröffentlicht worden sind. Die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) und das Bundesamt für Umwelt (BAFU) führen das Inventar gemeinsam durch.

Der rasch fortschreitende Klimawandel gefährdet wichtige Waldleistungen, da sich die Wälder den sich verändernden Bedingungen nicht schnell genug anpassen können. Damit die Waldleistungen auch in Zukunft erbracht werden können, ist eine möglichst artenreiche Verjüngung zukunftsfähiger Baumarten zentral. So werden die Wälder gegenüber Störungen resilienter. Der in vielen Regionen der Schweiz seit Jahrzehnten sehr hohe Verbiss der Waldverjüngung durch Wildhuftiere stellt in dieser Hinsicht eine grosse Herausforderung dar. Verschiedene Beispiele zeigen, dass eine ausreichende Waldverjüngung nur möglich ist, wenn nebst waldbaulichen Massnahmen eine gezielte, regional differenzierte Reduktion des heutigen Wildbestandes erfolgt. Dies wiederum erfordert eine konstruktive und auf gemeinsamen Zielen beruhende Zusammenarbeit zwischen Jagd und Forst sowie gesellschaftlich-politische Rahmenbedingungen, die diese Zusammenarbeit im Sinn des nationalen Gesetzesauftrags und der Erfüllung der zukünftigen Aufgaben des Waldes fördern und wertschätzen.

In Swiss mountain areas, the protective function of forests is the predominant ecosystem service having high cultural and economic significance. It is assumed that natural forests or close-to-natural forests, i.e., forests being in the equilibrium with environmental conditions are the most resilient and resistant in regard to disturbances and hence best protecting people and assets on the long run. Here, we estimated the naturalness of the tree species composition by comparing Swiss National Forest Inventory (NFI) data with current and future potential Natural forest Site Types (NST). Based on this analysis, we identified species that are under or over-represented in protective mountain forests and derived the subsequent potential for management interventions. The urgency of management interventions is expected be small if all predominant tree species of the idealized potential natural forests are present and only their relative portions in the stand need adjustment. In contrast, interventions are advisable, if predominant tree species of the current and future potential natural forests are absent. Based on NFI data, the tree species composition of 47% of the protective mountain forests were classified as "natural" or "close-to-natural," while the remaining 53% were classified as "not natural" or "partly natural." Norway spruce [Picea abies (L.) H. Karst.] and European larch (Larix decidua Mill.) were the two most over-represented species under current and even more so under predicted future climatic conditions. To date, silver fir (Abies alba Mill.) and European beech (Fagus sylvatica L.) were the two species most frequently absent in protective mountain forests, in which they should prevail. Apart from European beech, the most prominent increase in prevalence is predicted for oak (sessile oak and pubescent oak; Quercus petrea Liebl., Q. pubescens Willd.) and small-leaved lime (Tilia cordata Mill.). These species were currently missing from more than 75% of the stands, in which they are expected to be dominant under future conditions. Our analysis indicates the need to transform tree species compositions of protective mountain forests to optimize fitness under future climates. Some of these transformations will take place naturally, incited by disturbances, others - the majority of them - will need active management interventions.

Seit dem 30. Mai 2023 können neue Ergebnisse des Landesforstinventars (LFI) auf www.lfi.ch abgefragt werden. Es handelt sich um Zwischenergebnisse über die ersten fünf Jahre (2018–2022) der laufenden fünften Inventur. Im Hinblick auf die Ergebnispublikation im Internet wurde zudem der Webauftritt des LFI technisch, inhaltlich und optisch weiterentwickelt.

Die Pionierbaumarten Hängebirke, Grauerle, Zitterpappel, Vogelbeere und Weiden sind im Schweizer Wald relativ selten. Noch seltener sind sie im Mittelland und insbesondere im Kanton Zürich. Junge Exemplare findet man im Mittelland am ehesten in Jungwüchsen und Dickungen, dagegen kaum in der Verjüngung unter Schirm und im plenterartigen Hochwald.

Mit dem Ziel, mehr auf Messungen statt auf Schät-zungen beruhende Daten auf grösserer Fläche zu erhalten, werden an der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL und im Schweizerischen Landesforstinventar (LFI) derzeit verschiedene Methoden der nahen Fernerkundung getestet. Mit diesen Methoden können hochaufgelöste 3-D-Punktdaten auf Inventurplots und Dauerbeobachtungsflächen effizient erhoben und Merkmale zu Bäumen und Waldstrukturen abgeleitet werden.

Auf den ersten Blick haben Bäume und Ameisen nicht viel gemeinsam. Es gibt in der Schweiz aber fünf Arten von Ameisen, die Waldbewohner sind. Diese gemeinhin als Rote Waldameisen bezeichneten Arten tragen zur Regulierung von potenziellen Schädlingen bei, helfen bei der Verbreitung von Samen, verbessern mithilfe ihrer unterirdischen Bautätigkeit den Boden und bereiten als sogenannte «Schlüsselarten» Lebensraum für andere Organismen vor. Waldameisen haben somit einen grossen Einfluss auf die Biodiversität im Wald. Sie wurden in der Schweiz im Jahr 1966 als erste Insektenart unter Schutz gestellt.

Seit 2009 wird die Präsenz von Ameisenhaufen auf den Probeflächen des Schweizerischen Landesforstinventars (LFI) erfasst. Zusätzlich vermessen die Feldmitarbeitenden die Haufen und beschreiben deren Lage. Bis 2017 sammelten sie auch Proben, damit die Ameisenart im Labor bestimmt werden konnte.

Mit diesen Daten lassen sich erstmals repräsentative Aussagen zum Vorkommen von Roten Waldameisen in der Schweiz machen. Werden die Daten mit weiteren auf den Probeflächen des LFI erhobenen Bestandes- und Standortdaten verknüpft, kann zudem untersucht werden, von welchen Faktoren die Präsenz der Ameisen abhängen könnte.

Der Trend zu arten- und strukturreicheren Waldbeständen setzt sich fort. Das zeigen die Ergebnisse des vierten Schweizerischen Landesforstinventars (LFI4). Auch Baumgiganten und Totholz nahmen weiter zu. Allerdings sind strauchförmige Neophyten auf dem Vormarsch, und die Hochlagenwälder verdunkeln.