Massen in Bewegung: Murgang und Geschiebe ¶
In steilen Bergregionen stellen Wildbäche eine besondere Gefahrenquelle dar: Wenn es stark regnet, reissen sie manchmal grosse und zerstörerische Mengen von Gestein und Erdreich mit. Wir untersuchen diese Prozesse, um sie zu modellieren und Warnsysteme entwickeln zu können.
Inhalt ¶
Es geschieht meist bei starken Unwettern: Eine breiartige Mischung aus Wasser, Feinmaterial und Gesteinsbrocken ergiesst sich schubweise und oft in hohem Tempo in Dörfer, auf Strassen und Bahnlinien. Solche Murgänge, im Volksmund auch «Rüfe», Geröll- oder Schlammlawine genannt, sind eine gefürchtete Variante sogenannter Geschiebetransportprozesse. Diese richten jedes Jahr Schäden von über hundert Millionen Franken an.
Die grössten bekannten Murgänge in den Alpen rissen bis zu einer halben Million Kubikmeter Material mit und lagerten es in den Tälern ab. Man bräuchte über 40 000 Lastwagen, um diese Mengen weg zu transportieren. Keine Seltenheit sind Murgänge mit Materialmengen, die etwa tausend Lastwagenladungen entsprechen.
Experimente und Langzeitmessungen ¶
Um das Risiko durch Murgänge zu mindern und Schutzmassnahmen treffen zu können, muss man wissen, wie diese Prozesse funktionieren. Wir führen deshalb Experimente und Langzeitmessungen durch, für die wir zum Teil neuartige Messsysteme entwickelt haben: zum Beispiel eine Murgangwaage.
Dank der einzigartigen Daten unserer Installationen in unserem Murganglabor und im Freiland konnten wir die Lawinenmodellierungs-Software RAMMS um ein Murgang-Modul erweitern. Sie errechnet die möglichen Fliess- und Ausbruchswege eines Murgangs in Abhängigkeit der Niederschläge, des Geländes und der Hangneigung.
Geschiebe beobachten ¶
Seit über fünfzig Jahren untersuchen wir im Erlenbach im Alptal (SZ) den Transport von Steinen, Geröll, aber auch Sand oder Holz in Wildbächen. Das ist weltweit eine der längsten solchen Beobachtungsreihen, was sie entsprechend wertvoll für Studien solcher Transportprozesse macht. Auch hier setzen wir neuartige Messmethoden ein, zum Beispiel automatische Geschiebefangkörbe, die bei Hochwasser für eine bestimmte Zeit Geschiebe aus dem Bach auffangen, um dessen Menge und Kornzusammensetzung abzuschätzen.
Unsere Forschung liefert Grundlagenwissen, dient aber auch der Gefahrenbeurteilung und der Entwicklung von Schutzmassnahmen. Weil es dabei zwischen Kosten und Risiko abzuwägen gilt, erforschen wir auch den Umgang der Bevölkerung mit dem Risiko und ihre Bewertung von Gegenmassnahmen.