Maik Rehnus ist so begeistert von Schneehasen, dass er sie sogar in seinen Ferien erforscht. Für seine Arbeiten dazu, wie die Tiere auf heutige Umweltprobleme reagieren, hat der WSL-Gastwissenschaftler nun einen Forschungspreis erhalten.
Bereits seit neun Jahren erforscht Maik Rehnus die Schneehasen im Alpenraum – oder genauer: ihre Kotkügelchen. Diese enthalten Stoffwechselprodukte, anhand derer sich zum Beispiel Stresshormone messen lassen, die Hasen bei Störungen durch Wintersportler produzieren. Für seine Arbeiten hat die Zoologische Gesellschaft Zürich dem Hasenforscher nun den mit 1000 Franken dotierten "Preis für Natur- und Umweltschutz 2015" zugesprochen.
In den Kotkügelchen finden sich ausserdem bestimmte Erbgutabschnitte (Mikrosatelliten), die bei einzelnen Individuen unterschiedlich sind. Anhand von diesen kann Rehnus individuelle Hasen identifizieren. In einer laufenden WSL-Studie verfolgt er seit letztem Frühling das Schicksal der Schneehasen auf einer fünf Quadratkilometer grossen Testfläche im Schweizer Nationalpark. "Wir hoffen, dass daraus ein langfristiges Monitoring-Projekt wird, das auf bejagte Gebiete erweitert werden kann", sagt Rehnus.
Wissen tut Not, denn die Schneehasen sind in Bedrängnis: Mit dem Klimawandel rücken die wärmeliebenderen Feldhasen vor und verdrängen die kleineren Schneehasen. Deshalb erarbeitet Rehnus derzeit eine Verbreitungskarte der Schneehasen in der Schweiz. Diese wird er mit den Datensätzen der Forschungsanstalt WSL zur Topographie, Landnutzung und zum Klima kombinieren. So kann er Rechenmodelle dazu erarbeiten, welche potenziellen Schneehasen-Lebensräume es in der Schweiz gibt und wie sich künftige Klimaszenarien auf ihre Verbreitung auswirken könnten.
Empfindlich auf Störungen
"Der Schneehase ist hervorragend ans Hochgebirge angepasst", sagt Rehnus. Doch alle Anpassung nützt ihm wenig, wenn er in seinem Lebensraum etwa durch Touristen gestört wird. Für seine Doktorarbeit untersuchte Rehnus in freier Wildbahn und im Tierpark Goldau, wie die Tiere auf Störungen reagieren.
Bei wildlebenden Schneehasen stellte er fest, dass die Stresshormon-Konzentration in den Kotproben in stark touristisch genutzten Gebieten am höchsten war. Bei im Gehege im Tierpark gehaltenen Schneehasen simulierte Rehnus Störungen mit Hilfe von Flugdrachen und Hunden. Gestresste Schneehasen benötigten 20 Prozent mehr Energie als ungestörte, da sie öfter flüchten und dazu das Energiesparen unterbrechen.
Rehnus plädiert deshalb für Ruhezonen in freier Wildbahn, wo die Tiere nicht gestört werden. Seine Resultate hat er an die Informationsplattform "Respektiere deine Grenzen" des Bundesamts für Umwelt BAFU und des Schweizer Alpen-Clubs SAC weitergeleitet.
Der Preisträger
Maik Rehnus stammt aus Sachsen und studierte Forstwissenschaften und Wildtierökologie an der Georg-August Universität Göttingen, der ETH Zürich und der Universität für Bodenkultur Wien. Er erhielt für seine Forschung bereits mehrere Preise und schrieb das Buch "Der Schneehase in den Alpen. Ein Überlebenskünstler mit ungewisser Zukunft".
2005 gelang es ihm, im Schweizer Nationalpark den seit 100 Jahren ersten in die Schweiz eingewanderten Bären – Lumpaz (Lausbub) – zu fotografieren. Seit 2012 ist Rehnus als Gastwissenschaftler in der Forschungseinheit Biodiversität und Naturschutzbiologie der WSL beschäftigt.