Die Eidg. Forschungsanstalt WSL geht neue Wege im Wissenstransfer. Vor kurzem hat sie die erste wissenschaftliche Videopublikation zur Jahrringforschung auf JOVE, dem Journal of Visualized Experiments, veröffentlicht. Mit dem Video will sie aktuelles Wissen für alle verfügbar machen.
Wo geforscht wird, da entsteht neues Wissen, und dieses Knowhow weiterzugeben, ist der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL sehr wichtig. Die Dendroökologen, einfacher gesagt die Jahrringforscher der WSL, haben sich daher vor eine Kamera gestellt und grundlegende Arbeitsschritte bei der Erforschung von Jahrringen erklärt. Entstanden ist die weltweit erste wissenschaftliche Videopublikation im Bereich der Dendroökologie. Sie wurde vor kurzem im „Journal of Visualized Experiments JOVE“ veröffentlicht.
Mit neuen Techniken kleinste Holzstrukturen sichtbar machen
„Es ist wie ein Kochbuch, mit Rezepten fürs Labor zum Nachmachen“, erklärt Holger Gärtner, wissenschaftlicher Leiter des Holzanatomielabors in der Dendro-Abteilung der WSL. Im Video zu sehen ist, wie Forscher Bohrkerne aus Bäumen entnehmen und die Proben im Labor aufbereiten und analysieren. Mit den von Gärtner neu entwickelten Mikrotomen schneiden sie die Bohrkerne in hauchdünne Streifen, nur 20 Mikrometer dick. Die sogenannten Mikroschnitte – sie sehen fast aus wie Filmstreifen – werden anschliessend mit verschiedenen Substanzen behandelt, um die Anatomie, also die kleinsten Strukturen des Holzes, sichtbar zu machen. Ausgeklügelte Visualisierungstechniken ermöglichen es schliesslich, den Zustand des Baumes, seine Gesundheit und sein Wachstum zu beurteilen.
„Das Video kann anderen Forscherteams dabei helfen, die neuen Techniken in der Jahrringforschung in ihrem Labor zu etablieren,“ sagt Gärtner. Tatsächlich ist erst vor kurzem eine Wissenschaftlerin aus Madagaskar zu Besuch an der WSL gewesen, um vom Schweizer Knowhow in der Jahrringforschung zu profitieren. Sie hat die erworbenen Kenntnisse sowie einige Geräte und Techniken mit zurück in ihr Heimatland genommen und hat dort begonnen, ein eigenes Labor aufzubauen. Bei der Ausbildung der Mitarbeitenden greift sie dabei gerne auf die Videopublikation zurück.
Gärtner ist begeistert von den neusten Entwicklungen aus dem Holzanatomielabor der WSL: „Bisher konnten wir nur kurze Bohrkerne mit einer Länge von wenigen Zentimetern bearbeiten. Mit den neuen Mikrotomen können wir dagegen Mikroschnitte von bis zu 40 cm Länge präparieren.“ Das Verfahren eröffnet ganz neue Möglichkeiten, denn jetzt lässt sich die Holzanatomie der Jahrringe über viele Jahrhunderte hinweg ohne Unterbruch analysieren. Bisher war das nur möglich, indem man mehrere Mikroschnitte mühsam zusammenstückelte, und dabei passierten nicht selten Fehler.
Wissenstransfer aus der Spitzenforschung
Ulf Büntgen, Leiter der Gruppe Dendroökologie, ist stolz auf die Jahrringforschung an der WSL: „Was Innovationen und Neuentwicklungen anbelangt, ist unser Holzanatomielabor weltweit führend. Das Wissen, das wir in den letzten Jahren gewonnen haben, wollen wir aber nicht für uns behalten, sondern für alle verfügbar machen“. Eine Videopublikation zu drehen, ist für ihn daher ein konsequenter Schritt, um den Wissenstransfer weiter zu verbessern. Das englischsprachige Video und die dazugehörige Publikation richten sich in erster Linie an ein wissenschaftliches Publikum, an andere Forschungsgruppen und an Studenten. Die Publikation hat wie andere wissenschaftliche Paper ein Peer-Review-Verfahren durchlaufen, also eine Begutachtung durch Forschende anderer Institute.
Weiterführende Informationen
- Gärtner, H.; Cherubini, P.; Fonti, P.; von Arx, G.; Schneider, L.; Nievergelt, D.; et al.
A Technical Perspective in Modern Tree-ring Research - How to Overcome Dendroecological and Wood Anatomical Challenges.
J. Vis. Exp. (97), e52337, doi:10.3791/52337 (2015).