Erstmals grossflächig Lawinen per Satellit erfasst

10.12.2019  | Claudia Hoffmann | News SLF

Forschende des SLF haben erstmals eine extreme Lawinenperiode anhand von optischen Satellitenaufnahmen kartiert. Es ist der bisher umfassendste und vollständigste Datensatz zu Lawinenabgängen während einer extremen Periode weltweit.

Die möglichst genau und flächendeckende Dokumentation von Lawinen ist wichtig, etwa um Lawinenprognosen zu verbessern oder Gefahrenkarten zu überprüfen. Üblicherweise stammen Informationen zu abgegangenen Lawinen von Meldungen einzelner Beobachter oder von Helikopterüberflügen, die jedoch kein vollständiges Bild liefern können. Bisher fehlte eine flächendeckende Kartierung, insbesondere von Perioden mit aussergewöhnlich vielen und grossen Lawinenabgängen.

Nun haben Forschende des SLF in Zusammenarbeit mit swisstopo erstmals den Einsatz von Satellitendaten zur Dokumentation einer extremen Lawinenperiode getestet. Dazu machte der Satellit SPOT6 im Auftrag des SLF kurz nach den starken Schneefällen vom Januar 2018 Aufnahmen im sichtbaren Lichtspektrum (rot, grün, blau) sowie im Nahinfrarotbereich mit einer Auflösung von 1,5 Metern. Die Aufnahmen decken eine Fläche von 12‘500 Quadratkilometern und damit einen Grossteil der Schweizer Alpen ab. SLF-Mitarbeiterin Elisabeth Hafner wertete die Bilder manuell aus und erfasste unter anderem Umriss, Typ und Grösse sämtlicher erkennbarer Lawinen – insgesamt 18‘737 Stück. Die Arbeit war Teil der Ereignisanalyse 2018, die Ergebnisse wurden nun auch in der Fachzeitschrift «The Cryosphere» publiziert.

Geeignet für die Kartierung grosser Regionen

Um zu überprüfen, ob die Lawinenumrisse auf den Satellitenbildern richtig identifiziert wurden, glichen die Forschenden dies in einer Stichprobe mit Aufnahmen von Helikopterüberflügen ab. Hafners Fazit: «Die Methode ist zuverlässig und eignet sich für eine flächendeckende Kartierung von grossen Regionen». Die gewonnen Daten sollen nun in das Lawinenkataster des SLF sowie weitere Datenbanken einfliessen. Sie helfen beispielsweise, die Wirksamkeit von Schutzmassnahmen zu überprüfen, die nach früheren Lawinenwintern getroffen wurden. Zudem verschaffen die Satellitenbilder einen Überblick über die entstandenen Waldschäden. Ausserdem dienen sie dazu, die im Lawinenbulletin  prognostizierte Gefahrenstufe zu überprüfen und Lawinen-Simulationsmodelle wie RAMMS zu verbessern.

Die Kartierung per Satellit wurde für die Lawinenperiode vom Januar 2019 wiederholt und kann auch bei künftigen Extremereignissen eingesetzt werden. Sie ist bisher allerdings noch aufwändig, da die Umrisse der einzelnen Lawinen auf den Satellitenbildern per Hand eingezeichnet werden müssen. Deshalb soll nun in einer Masterarbeit untersucht werden, ob es möglich ist, die Kartierung zumindest teilweise zu automatisieren. Zudem wird in Zusammenarbeit mit der Gruppe Erdbeobachtung und Fernerkundung des Instituts für Umweltingenieurwissenschaften der ETH Zürich die Möglichkeit untersucht, Radarsatelliten für die Lawinenkartierung einzusetzen. Diese haben den Vorteil, dass sie wetterunabhängig sind und auch bei bewölktem Himmel Aufnahmen machen können. Erste Resultate  sind vielversprechend.

 

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