Frühe Herbstfarben in Schweizer Wäldern

In tiefen Lagen oder an sonnenexponierten Orten der Schweiz haben sich die Bäume bereits Ende August herbstlich verfärbt - viel zu früh. WSL-Forschende erklären, was dahintersteckt.

Dieses Jahr scheinen sich viele Bäume früher als sonst herbstlich zu verfärben. Das kann viele innere und äussere Gründe haben – seien es Wind und Hitze, Ozonbelastung, das Frühjahrswachstum oder die Menge an produzierten Samen. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass sich viele Bäume braun verfärbt haben, ohne die typischen Phasen der Blattverfärbung im Herbst zu durchlaufen. Dieser kontrollierte Prozess ermöglicht es dem Baum normalerweise, Nährstoffe aufzunehmen und sie im Herbst als Reserven zu speichern.

Die derzeitige Verbräunung trat insbesondere nach der jüngsten Hitzewelle Ende August auf. Am stärksten betroffen scheinen Buchen und Hainbuchen im Norden der Alpen zu sein, die bereits durch die Trockenheit und die extremen Temperaturen der Sommer 2018 und 2022 geschwächt waren. Südlich der Alpen sind vor allem Linden, aber auch Birken und andere Laubbaumarten betroffen.

Es ist zu betonen, dass die Bäume, die dem Wind und einer starken Sonneneinstrahlung am stärksten ausgesetzt sind, d. h. an Südhängen und Waldrändern, die deutlichsten Anzeichen dieses Phänomens zeigen. Der Wind beschleunigt die Transpiration und erhöht damit das Risiko der Austrocknung von Boden und Blättern, während die intensive Sonneneinstrahlung und die wärmere, trockenere und stärker mit Ozon angereicherte Luft das Altern der Blätter beschleunigen können.

Das Erbe der Dürren von 2018 und 2022

Nördlich der Alpen litten die Buchen in den Jahren 2018 und 2022 stark unter der Trockenheit und Hitze und zeigten auch eine vorzeitige Verfärbung. Die Auswirkungen solcher Extremereignisse könnten noch mehrere Jahre anhalten. Auch in der Region Mendrisio (Südtessin) sind die meisten Laubbäume seit Ende August 2022 verwelkt. Solche längerfristigen Auswirkungen treten vor allem dann auf, wenn sich in den wasserführenden Gefässen Luftblasen (Embolien) bilden. Diese entstehen, wenn der Wasserverlust über die Blätter an die trockene, heisse Luft die Menge übersteigt, die aus dem ebenfalls trockenen Boden aufgenommen werden kann. Dadurch wird die Wasserversorgung der Blätter blockiert, was zur Austrocknung der Blätter führt und auch den Wassertransport in den Folgejahren einschränkt. Ein aufmerksamer Blick in unsere Wälder zeigt viele Überbleibsel der letzten Dürreereignisse: abgestorbene Stämme, Äste und Zweige.

Weitere Faktoren, die zu dieser vorzeitigen Verfärbung beitragen können, sind die massive Samenproduktion, ein Phänomen namens Mastjahr, und die Ozonkonzentration in der Luft. Die Bäume investieren einen grossen Teil ihrer Zuckerressourcen in die Samenproduktion, was sie anfälliger für Trockenheit macht. Dies erklärt zum Teil, warum viele Hainbuchen im Norden und Linden im Süden, die in diesem Jahr eine beeindruckende Menge an Samen produziert haben, bereits braun werden oder ihre Blätter verloren haben. Jedes Jahr überschreitet zudem die Ozondosis, der die Vegetation ausgesetzt ist, die zulässigen Grenzwerte. Vor allem in sonnigen Sommern - aber mit mehr oder weniger regelmässigen Niederschlägen wie im Jahr 2023 - entwickelt die natürliche Vegetation eine Reihe von charakteristischen Symptomen, darunter Rötungen (verschiedene Hartriegel- oder Viburnum-Arten), Vergilbungen und Verbräunungen (z.B. bei Buche oder Hasel). Diese Symptome können im Jahr 2023 in der ganzen Schweiz beobachtet werden.

Sommertrockenheit wird wahrscheinlich häufiger werden

Das Phänomen der vorzeitigen Verfärbung ist nicht neu und tritt immer dann auf, wenn eine schwere Sommertrockenheit mit einer Hitzewelle kombiniert vorkommt, wie in den Jahren 1947, 1976, 2003, 2015, 2018 und 2022. Dennoch wird dieses Phänomen in Zukunft wahrscheinlich häufiger auftreten, da jede neue Dürre aufgrund der steigenden Temperaturen für die Bäume schädlicher wird, da die Verdunstung zunimmt und somit die Wasserreserven im Boden verringert werden.

Ob die diesjährige Laubfärbung landesweit aussergewöhnlich früh ist, lässt sich noch nicht sagen. An einigen Orten, wie im Jura oder im westlichen Mittelland, wo die Niederschläge im Frühsommer unter dem Durchschnitt lagen, ist sie sicherlich früh. Es ist jedoch möglich, dass die gegenwärtigen warmen Temperaturen Anfang September den Verfärbungsprozess der Bäume verzögern, die durch die vergangenen Hitzewellen und Dürreperioden nicht geschwächt wurden, indem sie den Pigmentabbau verlangsamen. Dies könnte in diesem Jahr zu einer grossen Heterogenität in der Blattfärbung zwischen den Bäumen und Regionen führen, die so den Stresszustand der Bäume widerspiegeln würde.

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Beobachtung der Bäume über die Jahreszeiten hinweg

Um dieses Phänomen im Auge zu behalten, haben Forschende in der ganzen Schweiz Netzwerke zur Beobachtung der Baumphänologie (Blattfärbung, aber auch Blattaustrieb im Frühling) eingerichtet, die von MeteoSuisse (Citizen Science Network), der WSL (WSL-Projekt PhenoWald, jährliche Inventare von Ozonsymptomen), den Schweizer Rangern (SNF-WSL-Projekt PhenoRangers) und Globe über die partizipative Wissenschaftsplattform phaenonet.ch koordiniert werden. Diese Langzeitbeobachtungsnetze werden dazu beitragen, festzustellen, ob die frühe Blattverfärbung bei Buchen und anderen Baumarten in diesem Jahr besonders weit verbreitet oder auf bestimmte Regionen beschränkt ist und ob wir in den letzten Jahren einen Trend im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung beobachten.

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