Luftverschmutzung setzt Symbiose-Pilze von Waldbäumen unter Druck

Die Luftverschmutzung beeinflusst die Pilze im Boden, die Waldbäumen Mineralstoffe liefern, stärker als bisher angenommen. Dies zeigt eine grossangelegte Studie unter Beteiligung der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL auf. Die Grenzwerte für die Stickstoffbelastung müssen vermutlich nach unten korrigiert werden, erklären die Wissenschaftler.

In einem riesigen Langzeitmessnetzwerk für Wälder haben Wissenschaftler in 20 europäischen Ländern insgesamt 40'000 Wurzeln aus 13‘000 Bodenproben genetisch untersucht, darunter auch von 5 Flächen in der Schweiz. Die Studie unter Leitung des Imperial College London in Grossbritannien ist die erste dieser Grösse, welche die mit Bäumen in Symbiose lebenden Pilze detailliert untersucht. Zu diesen sogenannten Mykorrhiza-Pilzen, welche die Bäume mit Nährstoffen versorgen und dafür von diesen Zucker erhalten, gehören viele der bekannten Pilze wie Steinpilz, Fliegenpilz oder Trüffel.

Die Studie auf insgesamt 137 Flächen ermöglicht es den Wissenschaftlern, grossflächige Trends bei den Bodenpilzen zu identifizieren, inklusive ihrer Toleranz gegenüber Luftverschmutzung. Dabei zeigte sich, dass die Stickstoffeinträge aus der Luft sowie das Klima den grössten Einfluss auf die Pilze haben, nebst den Eigenschaften der Bäume selbst. Die Resultate sind im Fachjournal Nature veröffentlicht.

Insbesondere Stickstoffeinträge – die unter anderem aus der Landwirtschaft und der Verbrennung von fossilen Brennstoffen stammen – können die Pilze und über diese auch den Ernährungszustand und die Gesundheit der Bäume beeinträchtigen. „Ein bedeutendes Resultat dieser Studie ist, dass die europäischen Luftverschmutzungs-Grenzwerte vermutlich viel zu hoch sind“, erklärt Studienleiter Martin Bidartondo vom Imperial College London in einer Mitteilung seiner Institution.

Hohe Stickstoffeinträge in der Schweiz

Für die Schweizer Wälder sind diese Befunde von grosser Bedeutung: Die Stickstoffeinträge haben seit den 1950er Jahren deutlich zugenommen und liegen trotz eines allmählichen Rückgangs heute in grossen Teilen des Mittellands immer noch bei rund 20 oder mehr Kilogramm pro Hektar. Dies ist derzeit der obere Grenzwert für Stickstoffeinträge, die im UNECE-Übereinkommen für Luftverschmutzung festgelegt sind. „Wenn die Grenzwerte herabgesetzt würden, dann wären deutlich grössere Anstrengungen nötig, um die Luftreinhalteziele in der Schweiz einhalten zu können“, erklärt Ko-Autor der Studie Peter Waldner von der Forschungseinheit Waldböden und Biogeochemie an der WSL.

Die in der Studie verwendeten Daten und Standorte stammen vom europäischen Waldbeobachtungs-Netzwerk "International Co-operative Programme on Assessment and Monitoring of Air Pollution Effects on Forests" (ICP Forests). Dieses Programm wird im Rahmen eines UNECE-Übereinkommens von den Ländern Europas durchgeführt. Das WSL-Programm der Langfristigen Waldökosystem-Forschung (LWF) ist der Schweizer Beitrag hierzu. Seit 2017 hat ein Forscher der Eidg. Forschungsanstalt WSL den Vorsitz von ICP Forests. Es ist eines der grössten Netzwerke der Welt, das Landökosysteme beobachtet und überwacht. In ganz Europa wendet jedes Land bei der Probenahme und -analyse vergleichbare Methoden an, und zwar langfristig. Auf diese Weise können Forschende nicht nur im eigenen Land, sondern in ganz Europa verfolgen, wie sich beispielsweise die Luftbelastung auf den Wald auswirkt.

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