Manuela Brunner leitet die neue Forschungsgruppe Hydrologie und Klimafolgen in Gebirgsregionen am WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF. Beim Spaziergang um den Davoser See erzählt sie, woran sie arbeitet und warum das für die Schweiz in Zeiten des Klimawandels relevant ist.
Das SLF stellt in loser Folge die Forschungsgruppen des 2021 gegründeten Forschungszentrums CERC (Climate Change, Extremes and Natural Hazards in Alpine Regions Research Centre) vor. Das CERC ist vom Kanton Graubünden und der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL getragen und wird von der ETH Zürich unterstützt. Es ist Teil des SLF in Davos.
Manuela, Du bist Geographin und Klimawissenschaftlerin. Wann fiel der Entschluss, Dich auf Hochwasser und Dürren zu spezialisieren?
Damit habe ich mich schon in meiner Matura-Arbeit beschäftigt. 2005 hatte es ein Jahrhunderthochwasser in der Schweiz gegeben. Ich habe dann in einer Gemeinde im Kanton Uri eine Umfrage gemacht, wie die Bevölkerung dieses Extremereignis wahrgenommen hat. Und als ich dann Jahre später nach einem Thema für meine Masterarbeit gesucht habe, lag es nahe mich wieder mit Hochwassern zu beschäftigen.
Als Gruppenleiterin kannst Du Dich jetzt voll darauf konzentrieren. Was machst Du da genau?
Ich quantifiziere, wo welche Art von Extremereignis wie häufig vorkommen kann und wie sich die Wahrscheinlichkeit dafür in der Zukunft verändern wird. Sowohl für Hochwasser als auch für Trockenheiten. Beides ist sehr wichtig für Planungsprozesse, gerade in Zeiten des Klimawandels.
Also ist diese Arbeit auch für die Gesellschaft, insbesondere in der Schweiz, relevant.
Auf jeden Fall. In der Geographie geht es stark um Zusammenhänge zwischen Gesellschaft, Wirtschaft, Energie und Naturwissenschaften, und bei den Klimawissenschaften ist das auch so. Das finde ich sehr spannend. Für die Planung von hydraulischen Bauwerken wie Wasserspeicher muss man beispielsweise wissen, wie groß das größtmögliche Hochwasser ist. Nur dann kann man das Bauwerk auch entsprechend dimensionieren. Wir untersuchen auch die positiven Effekte von Speichern auf Wasserknappheit. Und dann sind da noch Notfallpläne für Extremsituationen. Da muss man auch vorab wissen, auf welche Ereignisse sich die Katastrophenschützer vor Ort im schlimmsten Fall einstellen müssen. In die Entwicklung solcher Pläne fliessen unsere Ergebnisse ebenfalls ein. Meistens kommen sie allerdings erst Jahre später in der Praxis an.
Das heisst?
Das lässt sich gut anhand der Trockenheitsforschung illustrieren. Die Politik agiert momentan eher reaktiv nach Ereignissen statt proaktiv auf Basis von Forschungsergebnissen. Natürlich gibt es auch diejenigen Fragen, deren Beantwortung nicht zwingend einen direkten, praktischen Nutzen im Moment hat. Aber auch solche Ergebnisse können potenziell in Zukunft von Nutzen sein. Im Gegensatz dazu stehen Fragen, zu denen ich mich von aktuellen, praktischen Problemen inspirieren lasse. Da suchen wir dann mit kreativen Methoden und neuen wissenschaftlichen Ansätzen nach Lösungen. Und wir haben konkrete Anfragen.
Hast Du ein Beispiel?
Ja, die Frage der Wasserknappheits war so eine Frage, die sich Bund, Kantone und Gemeinden, also die Politik, gestellt haben. Kann man Wasserspeicher benutzen, um Wasserknappheit zu vermindern? Das war in dem Sinne ein Mandat, das aus dem Parlament heraus kam. Das hat wirklich jemanden konkret interessiert, also neben mir als Forscherin auch noch andere Leute aus der Praxis.
Bewegst Du mit Deiner Forschung auch gesellschaftlich etwas?
Ich habe gemeinsam mit der Sozialwissenschaftlerin Elke Kellner untersucht, welches Potenzial denn ein neuer Wasserspeicher in einer bestimmten Region hätte, eben nicht für die Stromproduktion sondern auch als Reservoir gegen Wasserknappheit. Wir haben da die naturwissenschaftliche und die sozialwissenschaftliche Perspektive zusammengelegt. Und Elke hat sich dann gefragt, warum Wasserknappheit in der Vergangenheit in den ganzen Entscheidungsprozessen in Bezug auf neue Wasserspeicher nie mitgedacht wurde. Da geht es auch um Politik und Interessenkonflikte und daher hat die Studie wieder Auswirkungen auf die Politik.
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