02.03.2023 | Lea Huber | News WSL
Waldböden speichern grosse Mengen an organischem Kohlenstoff. Wenn Stürme den Wald verwüsten, geht dieser Kohlenstoff verloren und gelangt zu einem großen Teil als CO2 in die Atmosphäre. Bergwälder sind besonders anfällig für solche Kohlenstoffverluste, zeigt eine Studie der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL.
In Schweizer Wäldern speichern die Böden mehr CO2 in Form von organischem Kohlenstoff als die gesamte oberirdische Biomasse, also Stämme, Äste und Blätter. Dadurch spielen Waldböden im Kampf gegen den Klimawandel eine wichtige Rolle. Was passiert jedoch mit dem Kohlenstoff im Boden, wenn ein Sturm die Bäume darüber umwirft? Das haben Mathias Mayer und seine Mitforschenden von der WSL untersucht.
Sie haben dazu die Böden von Wäldern untersucht, die von den Orkanen Vivian (1990) und Lothar (1999) verwüstet wurden. Die Forschenden nahmen wiederholt Bodenproben von verschiedenen Höhenlagen zwischen 420 und 1550 Metern über Meer. Während Lothar die grössten Schäden im Mittelland anrichtete, zerstörte Vivian vor allem Bergwälder der Voralpen.
Kohlenstoffverluste nach Sturmschäden ¶
Der Vergleich von zerstörten mit unbeschädigten Wäldern zeigte: In den Jahren nach den Stürmen gingen enorme Mengen an Kohlenstoff aus dem Boden verloren, besonders in den Bergwäldern. Denn ohne Bäume wird der Waldboden wärmer und feuchter, und das fördert Mikroben, die den Humus abbauen und somit den Kohlenstoff freisetzen. Die Kohlenstoffvorräte hochgelegener Sturmflächen waren 18 Jahre nach Vivian immer noch bis zu neunzig Prozent kleiner als jene intakter Wälder. Der Grund: Wegen den kühleren Bedingungen in Bergwäldern bauen sich Blätter und Nadeln langsam ab. Deshalb sammelt sich eine mächtige Humusauflage an, die grosse Mengen Kohlenstoff speichert. Also kann auch mehr verloren gehen.
Im Vergleich dazu ging in zerstörten Wäldern des Mittellandes weniger Bodenkohlenstoff verloren. Dadurch erholt sich der Speicher auch schneller. «Bereits nach 10 Jahren speichern die Böden wieder gleich viel Kohlenstoff wie zuvor. In Bergwäldern hingegen schätzen wir die Erholungszeiträume auf 60 Jahre», sagt Mayer.
Auf die ganze Schweiz hochgerechnet kommt da eine grosse Menge Kohlenstoff zusammen: Die Berechnungen der Forschenden zeigen, dass als Folge der Stürme Lothar und Vivian schweizweit rund 400'000 Tonnen Bodenkohlenstoff verloren gegangen sind. Oder anders ausgedrückt, soviel CO2 wie 400 Flugzeuge ausstossen, die von Zürich nach New York und zurück fliegen. «Dies entspricht in etwa der Menge CO2, die Wälder auf einer entsprechenden Fläche in 40 Jahren in deren Baumbiomasse festlegen», sagt Frank Hagedorn, Mitautor der Studie.
In Zukunft mehr Sturmschäden ¶
Studien belegen, dass Waldschäden durch Stürme in den letzten Jahrzehnten zugenommen haben. Der fortschreitende Klimawandel dürfte auch eine weitere Zunahme der Sturmschäden und somit der CO2-Emissionen aus Waldböden mit sich bringen.
Kann man etwas tun, um den Kohlenstoffverlust zu verhindern? «Grundsätzlich ist es aus Bodenschutzperspektive gut, einen Teil des Totholzes liegen zu lassen», meint Mayer. Das verringert die Erosion und das Totholz schafft Nischen, in denen junge Bäumchen vor Naturgefahren und Wild geschützt heranwachsen können. Somit könnte Totholz auch den Aufbau von Humus und dadurch die Speicherung von Kohlenstoff beschleunigen.
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