Schweizer Wald ist generell in gutem Zustand, aber wegen Klimawandel unter Druck

Die Ergebnisse des neuen, vierten Landesforstinventars (LFI4) zeigen, dass der Schweizer Wald in guter Verfassung ist. Er schützt besser vor Naturgefahren als vor acht Jahren. Waldstrukturen und Baumarten sind vielfältiger – eine erfreuliche Entwicklung, auch im Hinblick auf den zunehmenden Stress durch Trockenheit und Stürme. Zu schaffen machen dem Wald Insektenbefall und Krankheiten. Dies geht aus dem Ergebnisbericht zum LFI4 hervor, der am 10. Juni 2020 gemeinsam von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) und dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) veröffentlicht wurde. Das BAFU stützt sich bei der Umsetzung der Schweizer Waldpolitik auf die Resultate des LFI, um aktuellen und künftigen Herausforderungen gerecht zu werden. Dazu zählen der Klimawandel und die steigenden Ansprüche an den Wald bezüglich Freizeit und Erholung.

Der Schweizer Wald bedeckt rund einen Drittel der Landesfläche. Er hat sich gemäss LFI4 (2009-2017) seit der letzten Erhebung (LFI3, 2004–2006) positiv entwickelt. So sind die bewirtschafteten Wälder naturnaher geworden, es gibt mehr Mischwälder mit zahlreichen Baumarten und mehr Bäume verschiedenen Alters. Solche Wälder sind widerstandsfähiger gegenüber Trockenheit, Stürmen oder Insektenbefall.

Bei einigen Aspekten (z.B. Verjüngung, Biodiversität, Holznutzung) gibt es regionale Unterschiede. So werden Wälder in höheren Lagen oftmals zu selten durchforstet, häufig, weil eine regelmässige Bewirtschaftung zu teuer ist oder Waldstrassen fehlen. Solche Wälder werden zu dicht und es wachsen zu wenige junge Bäume nach. Besonders problematisch ist dies in Regionen, in denen der Wald gegen Naturgefahren wie Steinschlag, Lawinen und Murgänge schützen soll.

Herausforderung Klimawandel

Auch der Klimawandel mit mehr Wärme und häufigeren Trockenheitsphasen macht dem Wald zu schaffen. Hier braucht es langfristige Lösungen, um den Wald an die sich ändernden Bedingungen anzupassen. Eine Chance sind Baumarten, die während den Trockenperioden weniger leiden als andere. So ertragen beispielsweise die einheimischen Eichenarten die Trockenheit besser als der Nadelbaum Fichte. Aber gerade junge Eichen leiden vermehrt unter dem Verbiss durch Rehwild, ebenso wie die Weisstanne, eine wichtige Baumart im Schutzwald. Die Ziele der Schweizer Waldpolitik können nur erreicht werden mit einem Wald, der an den Klimawandel angepasst ist. Denn nur so kann er seine vielfältigen Funktionen und Leistungen für Natur und Mensch erbringen. Angesichts der klimatischen Herausforderungen braucht es flexible Instrumente, um die Waldpolitik umzusetzen. Dies ist angesichts von immer häufigeren kombinierten Störungen durch mehrere Faktoren wichtig.

Verjüngung nötig

Ein nachhaltig bewirtschafteter Wald muss sich verjüngen, also regelmässig erneuern, um die Ansprüche der Gesellschaft (z.B. Schutz vor Naturgefahren, Lieferung der Ressource Holz für Bauten und Energie) auch langfristig zu erfüllen. Dies geschieht, indem Forstleute sowie Waldeigentümerinnen und -eigentümer ihn möglichst natürlich verjüngen, regelmässig pflegen und durchforsten sowie das Holz nachhaltig nutzen. Dies alles unter Einhaltung bewährter Bewirtschaftungsgrundsätze, die auf Bundes- und Kantonsstufe festgelegt sind.

Gemäss LFI4 hat der Anteil an nicht bewirtschafteten Wäldern weiter zugenommen. Diese Entwicklung ist nicht erwünscht. Damit der Wald weiterhin die von der Gesellschaft erwarteten Leistungen wie die Holzversorgung oder den Schutz vor Naturgefahren erbringen kann, müssen Behörden und alle Akteure der Wald-und-Holz-Branche die Schweizer Waldpolitik gemeinsam umsetzen.

Der Zustand und die Entwicklung des Schweizer Waldes werden seit vier Jahrzehnten im Rahmen des Landesforstinventars (LFI) beobachtet. Das LFI ist ein gemeinsames, langfristiges Projekt des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) und der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). Auf Basis einer Stichprobenerhebung liefert das LFI alle neun Jahre umfassende Ergebnisse. Es widerspiegelt das Waldökosystem mit all seinen Funktionen und Dienstleistungen für die Gesellschaft und erlaubt, Probleme frühzeitig zu erkennen und den Effekt von Massnahmen zu beurteilen. Das LFI ist somit eine wichtige Datengrundlage für Wissenschaft, Politik und Behörden. Die WSL ist verantwortlich für Planung, Datenerhebung, Analyse und wissenschaftliche Interpretation, das BAFU für die waldpolitische Auslegung. Die erste Erhebung (LFI1) wurde in den 1980er-Jahren durchgeführt. Die Publikation von Ergebnisberichten erfolgt alle zehn Jahre.

BAFU und WSL präsentieren die Ergebnisse des LFI jeweils gemeinsam und geben eine Interpretation dazu. Im Vordergrund steht die Beurteilung des Waldzustands und der Waldentwicklung mit der Frage, in welchem Umfang der Wald die von der Gesellschaft erwarteten Leistungen erfüllt und nachhaltig erbringen kann. Denn nur ein vielseitiger, nachhaltig bewirtschafteter Wald kann langfristig alle im Waldgesetz verankerten Waldfunktionen sicherstellen. Dazu gehören Schutz vor Naturgefahren, Nutzung des klimafreundlichen Rohstoffes Holz, Erhalt des Waldes als Lebensraum für zahlreiche Pflanzen, Tiere und andere Organismen sowie als wichtiger Erholungsraum für die Gesellschaft.

Die Ergebnisse der vierten Erhebung (LFI4) liegen im Internet in Form von Tabellen und Karten sowie in Buchform mit umfassenden Erläuterungen vor. Das Buch kann gratis (gegen Verrechnung der Versandkosten) beim WSL-Shop bezogen werden: https://shop.wsl.ch

Die Daten des LFI4 können weiter ausgewertet werden und stehen nun Wissenschaft und Praxis auf Anfrage zur Verfügung. Das Monitoring geht weiter: Seit 2018 laufen die Erhebungen zum LFI5.

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