Stickstoff-Verschmutzung verschiebt Waldpflanzen nach Westen

Viele europäische Waldpflanzen breiten sich aufgrund hoher Stickstoffeinträge nach Westen aus – und nicht nach Norden, wie es angesichts des Klimawandels zu erwarten wäre. Dies zeigt eine neue Studie mit WSL-Beteiligung auf.

Dieser Text basiert auf einer Medienmitteilung der Universität Gent (Belgien)

Die im Fachjournal Science veröffentlichte Studie liefert neue Einsichten dazu, wie die Stickstoffverschmutzung die Biodiversität beeinflusst. Bisher geht die ökologische Forschung davon aus, dass steigende Temperaturen viele Arten in kühlere, nördlichere Gebiete drängen werden. Die neue Studie mit Beteiligung der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL deckt nun auf, dass eine Verschiebung nach Westen 2,6-mal wahrscheinlicher ist als eine nordwärts gerichtete.

Als Haupttreiber identifiziert das von der Universität Gent geleitete Forschungsteam hohe Stickstoffeinträge durch atmosphärische Verschmutzung, etwa durch Verkehr und Düngemittel. Sie begünstigen eine rasche Ausbreitung von stickstofftoleranten Pflanzenarten, hauptsächlich aus Osteuropa. Die Ansiedlung dieser hochgradig konkurrenzfähigen Arten in Gebieten mit hoher Stickstoffbelastung erfolgt oft auf Kosten spezialisierterer Pflanzenarten.

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass zukünftige Biodiversitätsmuster durch komplexe Wechselwirkungen zwischen mehreren Umweltveränderungen bestimmt werden und nicht ausschliesslich durch den Klimawandel. Das Verständnis dieser komplexen Zusammenhänge ist entscheidend für Landbewirtschafter und politische Entscheidungsträger, um die Biodiversität und die Funktionsweise von Ökosystemen zu schützen.

Hauptergebnisse:

  • Europäische Waldpflanzen verschieben ihre Verbreitung mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 3,56 Kilometern pro Jahr.
  • 39 % der Pflanzenarten verschieben sich nach Westen. Nur 15 % der Arten zeigen eine nordwärts gerichtete Verbreitung.
  • Überraschenderweise ist Stickstoffverschmutzung, nicht der Klimawandel, der Hauptfaktor für die westwärts gerichteten Verschiebungen der Verbreitung europäischer Waldpflanzen.
  • Die Studie analysierte die Verbreitungsverschiebungen von 266 Waldpflanzenarten in Europa über mehrere Jahrzehnte, wobei die ersten Messungen an einigen Standorten bereits 1933 vorgenommen wurden.
  • In die Studie wurden mehrere der bekanntesten Wälder Europas einbezogen, darunter der Urwald Białowieża in Polen.

--> Original-Medienmitteilung der Universität Gent

Originalpublikation

Unexpected westward range shifts in European forest plants link to nitrogen deposition. Pieter Sanczuk, Kris Verheyen, Jonathan Lenoir, et al. Science. Published online on 10 October, 20H00 (Paris time). DIO: https://science.org/doi/10.1126/science.ado0878 

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