Was lebt im Teich? Amphibien an ihrem Erbgut entdecken

79 % der Amphibienarten stehen auf der Roten Liste der bedrohten Arten in der Schweiz. Wie können wir sie besser verstehen, um ihren Schutz zu optimieren? Ein gemeinsames Forschungsteam der ETH und der WSL entwickelte DNA-Detektoren, um Amphibienarten in Teichwasserproben schnell zu identifizieren. Sie testeten ihre Methode erfolgreich im Aargau.

Amphibien gehören zu den am stärksten bedrohten Tiergruppen in der Schweiz. Von den 19 Schweizer Arten, die im Jahr 2023 bewertet wurden, stehen 15 auf der Roten Liste des Bundesamts für Umwelt. Um gefährdete Tiere besser zu schützen und die Artenvielfalt zu erhalten, ist es wichtig zu beobachten, wie sich ihr Bestand und ihre Verbreitung im Laufe der Zeit verändern.

Der Doktorand Flurin Leugger und seine Kollegen von der gemeinsamen ETH-WSL-Forschungsgruppe „Ökosysteme und Landschaftsevolution“ sind der Ansicht, dass die Methoden zur Überwachung der Biodiversität verbessert werden müssen. In einem Artikel, der letzten Monat in der Fachzeitschrift Molecular Ecology Resources veröffentlicht wurde, berichtet das Team über eine neue Technik, die sie für die Überwachung von Amphibien entwickelt haben. Um diesen neuen Ansatz zu testen, wendeten sie ihn in neun Teichen im Kanton Aargau an.

Traditionelle Überwachungsmethoden sind arbeitsintensiv und zeitaufwendig. Ausgebildete Experten besuchen die Fortpflanzungsstätten von Amphibien - zum Beispiel Teiche - und registrieren die Arten, die sie zufällig sehen oder hören. Dies ergibt nicht immer ein vollständiges Bild: Manche Arten bleiben auch nach mehreren Besuchen unentdeckt.

Spurensicherung in Gewässern

Alternativ dazu wurden molekulare Methoden entwickelt, um Arten anhand von Umwelt-DNA (eDNA) zu überwachen. Das ermöglicht einen umfassenderen Überblick. Wenn lebende Organismen sich ernähren, Zellen absondern und ausscheiden, hinterlassen sie Teile ihrer DNA in der Umwelt. Die Forschenden sammeln diese eDNA aus dem Lebensraum, um die darin lebenden Arten zu identifizieren. Bei Amphibien liefert eine Wasserprobe aus einem Teich Hinweise auf die darin lebende Population.

Die derzeit verfügbaren Verfahren für die eDNA-Analyse sind jedoch nicht für die Überwachung der biologischen Vielfalt einer kleinen Gruppe von Arten, wie z. B. gefährdeter oder invasiver Amphibien, geeignet. Einerseits eignet sich das Metabarcoding (siehe Kasten) am besten für den Nachweis grosser Gruppen von Arten, die in der gleichen Umgebung leben. Es ist teuer, und die Ergebnisse sind nur langsam zu erhalten und zu analysieren. Andererseits ist die qPCR besser geeignet, um das Vorhandensein einer einzelnen Art zu bestimmen (siehe Kasten). Wie sieht es aber mit einer Situation aus, die irgendwo dazwischen liegt: wenn wir zum Beispiel das Vorhandensein einer Handvoll gefährdeter Arten überprüfen wollen?

Leugger und seine Kollegin und Kollegen haben eine elegante Lösung entwickelt, die sie „Ampliscanning“ nennen. Der Name bezieht sich auf zwei wichtige Schritte der Methode: Amplifikation und Scanning. Da die Amphibien-DNA in den Teichen nur in sehr geringen Mengen vorhanden ist, wird sie zunächst mehrfach kopiert, um den Nachweis zu erleichtern. Dann suchten sie nach sieben Schweizer Amphibienarten, indem sie molekulare Detektoren konstruierten. Diese durchsuchen die vervielfältigte Amphibien-DNA und fluoreszieren, wenn die DNA der passenden Art vorhanden ist. «Auf diese Weise können wir nach bestimmten gefährdeten oder invasiven Arten suchen. Es ist schneller und effizienter als frühere Methoden», sagt Leugger. Die grösste Herausforderung bei diesem Projekt war es, sicherzustellen, dass diese Detektoren artspezifisch sind. «Denn wenn man eine seltene Art wie den Teichmolch entdeckt, will man sicher sein, dass es wirklich dieser Molch ist und nicht die Erdkröte, die das Signal sendet», erklärt er.

Ampliscanning in der Praxis

Um die neue Methode zu testen, analysierten die Forschenden die eDNA von neun Amphibienlebensräumen im Aargau und verglichen ihre Ergebnisse mit den traditionellen Monitoringdaten des Kantons. Mit dem Ampliscanning wurden bei einem einzigen Besuch mehr Arten entdeckt als bei drei traditionellen Monitoringbesuchen.

Interessanterweise war diese Effizienzsteigerung bei schwer nachweisbaren Arten höher. Mit Ampliscanning wurden mehr Molche an mehr Orten gefunden, da sich Molche in der Unterwasservegetation verstecken und schwer zu entdecken sind. Nur an zwei Standorten wurden bei der traditionellen Überwachung Laubfrösche entdeckt, die der eDNA-Methode entgingen, da die Tiere nachts einen unverwechselbaren lauten Ruf von sich geben. Da die eDNA nicht gleichmässig verteilt ist, könnte es sein, dass die beprobten Gebiete keine DNA-Spuren des Laubfrosches enthielten.

Das Ampliscanning kann auf andere Arten übertragen werden. Es macht die genetische Überwachung der biologischen Vielfalt zugänglicher und kosteneffizienter. Der nächste Schritt besteht darin, Schnelltests zu entwickeln, die direkt vor Ort durchgeführt werden und der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, um die Überwachung der biologischen Vielfalt in grossem Massstab zu fördern. Die neue Technik trägt dazu bei, bedrohte Arten besser zu verstehen und ihre Schutzmassnahmen zu verbessern.

Genetische Methoden im Artenschutz

Das Ampliscanning vereinfacht die Überwachung der biologischen Vielfalt, indem es Aspekte aus drei Methoden kombiniert. Es ist spezifischer als das Metabarcoding, aber weniger restriktiv als die qPCR, und es profitiert von der Anpassungsfähigkeit und Präzision der CRISPR-Diagnostik.

Bei der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) wird ein Zielabschnitt der DNA mehrfach kopiert. Wenn spezifische DNA-Primer wie bei der quantitativen PCR (qPCR) verwendet werden, kann nach dem Vorhandensein einer bestimmten DNA-Sequenz - oder Spezies - in einer Probe gesucht werden, wie es beispielsweise bei COVID-Tests der Fall war. Diese Spezifität der Primer macht es jedoch schwierig, die qPCR für die gleichzeitige Überwachung mehrerer Arten einzusetzen.

Primer definieren den Anfang und das Ende des amplifizierten DNA-Abschnitts in der PCR. Dabei handelt es sich um kurze Stücke synthetischer DNA, die spezifisch für den betreffenden Abschnitt sind. Das Entwerfen und Testen dieser Primer ist ein arbeitsintensiver Prozess.

Beim Metabarcoding werden DNA-Abschnitte aus eDNA amplifiziert, die in einer Artengruppe üblich sind. Es gibt Standard-Primer, die beispielsweise für alle Amphibien oder Fische geeignet sind. Die amplifizierte DNA wird dann sequenziert, um den genetischen Code mit Datenbanken zu vergleichen und die in der Probe vorhandenen Arten zu identifizieren. Dieser Teil ist kostspielig und zeitaufwendig.

CRISPR-Diagnostika (Dx) verwenden bakterielle Proteine, um den artspezifischen DNA-Gehalt zu identifizieren. CRISPR-Dx sind im Wesentlichen Bio-Detektive, die vor allem in der Medizin eingesetzt werden, z. B. zum Nachweis des Zika-Virus. Das CRISPR-Dx-System erkennt bestimmte Abschnitte der DNA mit Hilfe von Leitsequenzen. Diese Leitsequenzen können so gestaltet werden, dass sie jede beliebige DNA-Sequenz erkennen, und sind hochspezifisch, was sie im Vergleich zu qPCR-Primern effizienter und einfacher zu gestalten macht. Bei der Erkennung des Ziels wird ein Fluoreszenzsignal ausgesendet.

Ampliscanning kombiniert das Prinzip dieser Methoden: Metabarcoding-Primer zur Vervielfältigung der DNA einer Artengruppe und ein CRISPR-Dx-System zum Nachweis spezifischer DNA-Sequenzen innerhalb der vervielfältigten DNA. Dies ermöglicht artspezifische Nachweise ähnlich wie bei der qPCR, ermöglicht aber den gleichzeitigen Nachweis mehrerer Arten. So vermeidet das Ampliscanning die kostspielige und zeitaufwändige Sequenzierung, die beim Metabarcoding erforderlich ist.

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