14.09.2022 | Santina Russo | News WSL
Die Afrikanische Schweinepest ist der Schweiz inzwischen gefährlich nahe. Um die einheimischen Wild- und Hausschweine vor der tödlichen Tierseuche zu schützen, müssen wir Menschen aufpassen, wie wir mit Lebensmittelabfällen umgehen. Wo das besonders notwendig ist, zeigt eine neue Forschungsarbeit der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL.
«Achtung! Schweinepest in Europa. Speisereste nur in Abfalleimer – Wildschweine vor gefährlicher Schweinepest schützen.» Solche Warnplakate stehen bereits an manchen Schweizer Autobahn-Rastplätzen und Feuerstellen. Mit gutem Grund: Wenn wir Menschen Lebensmittelabfälle nicht sorgfältig entsorgen, werden wir zum gefährlichsten Faktor bei der Übertragung der Afrikanischen Schweinepest.
Diese Viruserkrankung befällt Wild- und Hausschweine und ist tödlich: Infizierte Tiere bekommen hohes Fieber und sterben innert 7 bis 10 Tagen. Bisher gibt es weder ein Heilmittel noch eine Impfung. Menschen kann der Erreger nichts anhaben, doch für einheimische Schweinebetriebe wäre er verheerend. «Darum müssen wir möglichst viel darüber lernen, wie sich das Virus verbreitet und auf welchen Wegen es in die Schweiz gelangen könnte», sagt Rolf Grütter, Forscher an der WSL. Zusammen mit seinem Team hat er nun untersucht, welches die wahrscheinlichsten Einfallstore für das Virus sind und in welchen Regionen sich Schweinebetriebe besonders schützen sollten.
Virus im Sandwich ¶
Denn die Tierseuche hat die Schweiz schon fast eingekreist: Infizierte Wildschweine fanden sich in Italien, in Belgien an der Grenze zu Frankreich und in Deutschland. Und letzten Frühling gab es einen Ausbruch in einer Hausschwein-Haltung in Baden-Württemberg – nahe der Schweizer Grenze.
Zwar verbreitet sich die Krankheit auch ohne menschliche Einwirkung unter den Wildschweinen in Europa stetig. Schneller aber reist das Virus mit dem Menschen. Denn es ist äusserst widerstandsfähig und bleibt sogar in Schweinefleischprodukten wie Rohschinken oder Salami über Monate hinweg virulent. «So kann das Virus im Reiseproviant von Menschen innert kurzer Zeit weite Strecken überwinden», sagt Grütter. Landen dann halb gegessene Sandwiches an Rastplätzen am Boden oder in offenen Abfalleimern, freuen sich die ansässigen Wildschweine über das leicht zugängliche Futter. Diese können den Erreger wiederum an Hausschweine weitergeben, wenn sie sich Gehegen nähern, um Futter zu stibitzen oder um sich zu paaren.
Wo sich Autobahnen und Wildschweine treffen ¶
Um nun die Orte mit dem grössten Risiko für eine Einschleppung des Virus zu identifizieren, haben Rolf Grütter und die Doktorandin Maria Elena Vargas Amado aus seinem Team zunächst die potenzielle Wildschweinverbreitung in der Schweiz modelliert. Diese Verteilung verwendeten sie zusammen mit den kantonalen Jagdstatistiken der letzten sieben Jahre und anderen Daten, um die tatsächliche Verbreitung und relative Häufigkeit von Wildschweinen in der Schweiz zu modellieren. Im nächsten Schritt identifizierten sie die meistgenutzten Autostrecken und Rastplätze und verglichen deren Standorte mit der modellierten Verbreitung der Wildschweine. Ergebnis: Besonders Rastplätze nördlich der vielgenutzten A1 von Genf nach St. Margarethen grenzen an dichte Wildscheinpopulationen und sind wahrscheinliche Eintrittsorte für das Virus. Aber auch etliche Raststätten an der A2 im Tessin liegen in Wildschweingebieten. «Konkret haben wir 57 Rastplätze identifiziert, an welchen ein hohes Risiko für eine Übertragung besteht», sagt Vargas Amado. So gibt es in 14 Kantonen jeweils einen oder mehrere Risiko-Rastplätze.
Als letztes bezogen die Forschenden auch die Standorte von Schweinebetrieben sowie deren Haltung ein. Denn: «Schweine in Freilandhaltung kommen leichter mit Wildschweinen in Kontakt als solche, die teilweise in Aussengehegen oder gar nur im Stall gehalten werden», sagt Vargas Amado. Aus der Kombination all dieser Faktoren – Wildschweinverbreitung, Rastplätze und Schweinebetriebe – ergaben sich schliesslich die wahrscheinlichsten Übertragungsorte für das Virus auf Hausschweine. Die erstellten Risikokarten zeigen für die ganze Schweiz, wo Schweinebetriebe ihre Tiere besonders vor dem Kontakt zu Wildschweinen schützen sollten, etwa indem sie bessere Zäune installieren. Dazu gehören Gebiete in den Kantonen Bern, Solothurn, Basel-Landschaft, Aargau und Zürich nördlich der A1 sowie die Regionen im Kanton Schaffhausen beiderseits der A4 und im Kanton Tessin beiderseits der A2.
«Mit unseren Resultaten haben Behörden und Betriebe nun eine detaillierte Grundlage, um Hausschweine künftig noch besser zu schützen», sagt Rolf Grütter.
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