14.09.2023 | ETH Zürich | WSL News
Wälder erneuern sich von Natur aus selbst. Wie die Waldverjüngung genau funktioniert, ist bisher jedoch kaum erforscht. Forschende der ETH Zürich und der WSL haben sich daran gemacht, das Puzzle zu lösen.
In Kürze
- Konkurrenz zwischen Bäumen ist eine der treibenden Kräfte der natürlichen Waldverjüngung.
- Wassermangel verschärft den Wettbewerb massiv, kleine Bäume werden unterdrückt.
- In Mischwäldern spielen unterschiedliche Verjüngungsstrategien der beteiligten Baumarten zusammen.
Erstmals haben Forschende um Yannek Käber, Doktorand in der Professur Waldökologie der ETH Zürich, und seine Kollegen und Kolleginnen von der ETH und der WSL gemeinsam mit der European Forest Research Initiative (s. Kasten) einen Blick auf die Waldverjüngung in geschützten Wäldern Europas geworfen.
In einer neuen Studie, die soeben in der Fachzeitschrift «Journal of Ecology» erschienen ist, zeigen die Forschenden, wie sich die natürliche Verjüngung ohne menschlichen Einfluss entwickelt. Dazu untersuchten sie das Aufkommen junger Bäume in fast 300 Naturwaldreservaten in ganz Europa. Sie analysierten, wie die Erneuerung des Waldes unter verschiedensten Umweltbedingungen funktioniert. Dabei untersuchten die Forschenden das komplexe Zusammenspiel zwischen Baumarteneigenschaften, Walddichte, Störungen und Klima.
Wassermangel führt zu harter Konkurrenz ¶
Einer der wichtigsten Prozesse für die Waldverjüngung ist Konkurrenz. Welche Strategien die Bäume verwenden, hängt von der Baumart ab. Die Studie zeigt, dass positive Wechselwirkungen zwischen Bäumen nur bei wenigen Arten vorkommen und somit seltener sind als bislang angenommen. Die Eigenschaften der Arten und unterschiedliche Stressfaktoren bestimmen, ob Bäume sich während der Verjüngung gegenseitig vor Kälte oder Trockenheit schützen oder als Konkurrenten im Wettbewerb stehen.
Unter Kältestress findet die Verjüngung tendenziell mehr Schutz durch andere Bäume als unter Dürre-Stress. Dieses Ergebnis erklären die Forschenden dadurch, dass niedrige Temperaturen keinen Wettbewerb um begrenzte Ressourcen auslösen. Der Mangel an Wasser hingegen führt zu einem harten Wettbewerb. Dabei werden kleinere Bäume potenziell unterdrückt.
Warten auf Lücken ¶
Weiter zeigt die Studie, welche Strategien die jeweiligen Baumarten zur Verjüngung nutzen. Einige Arten sind besonders erfolgreich in dichten Wäldern. Andere warten auf Störungen wie Feuer oder Stürme, die Lücken im Kronendach schaffen. Sobald genug Licht verfügbar ist, wachsen diese Arten schnell heran.
In Mischwäldern spielen die unterschiedlichen Strategien der Baumarten zusammen. Damit können solche Wälder besser auf klimatischen Stress reagieren, etwa indem mehr Arten aufkommen, die beispielsweise mit Dürre und Hitze klarkommen. Dadurch ändert sich nicht nur die Zusammensetzung des Waldes, sondern auch seine Struktur, das heisst die Mischung von Bäumen unterschiedlicher Grösse und Alter. Und es bilden sich Waldstrukturen, die nur in ungestörten und geschützten Wäldern entstehen können.
European Forest Reserves Initiative (EuFoRIa)
Das EuFoRIa-Netzwerk wurde 2019 gegründet, um die Forschungszusammenarbeit in europäischen Urwäldern und Waldreservaten zu fördern. Es umfasst hunderte von Untersuchungsflächen, die seit mehreren Jahrzehnten mit Hilfe von Waldinventuren beobachtet werden. Das Netzwerk wird von Forscherinnen und Forschern von 26 Institutionen aus 19 Ländern getragen. Ein wichtiger Fokus der Forschung ist das Verständnis der Prozesse der natürlichen Waldentwicklung, denn dieses Prozessverständnis bildet die Grundlage für die Entwicklung von Anpassungsstrategien von Wäldern für die Zukunft vor dem Hintergrund des Klimawandels.
- Die Originalmitteilung der ETH Zürich finden Sie hier.
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