10.11.2021 | Joan Casanelles Abella, Bearb. durch Stephanie Kusma | News WSL
Welche Pflanzen für das Überleben von Bienenlarven entscheidend sind und wie das die Verbreitung von Wildbienen in Städten beeinflusst, zeigt eine neue Studie. Die Resultate liefern Hinweise für den Schutz von Wildbienen in Städten.
Wildbienen und ihre Larven sind auf Pollen- und Nektarquellen angewiesen, um überleben zu können. Einige Arten zeigen dabei eine ausgeprägte Nahrungspräferenz und sammeln nur Pollen von einer Handvoll Pflanzenarten. Sogenannte Generalisten dagegen nutzen viele Pflanzenspezies. Städte können «Hotspots» für Pflanzen sein, da sie eine Mischung aus einheimischen und exotischen Arten sowie Kultursorten beherbergen. Daher stellt sich die Frage: Profitieren Bienen von diesen einzigartigen städtischen Pflanzengemeinschaften?
Dem ist ein internationales Team aus sieben Ländern um Marco Moretti und Joan Casanelles Abella von der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL nachgegangen. Die Forschenden wollten unter anderem herausfinden, auf welche Pflanzen die Larven unterschiedlich spezialisierter Wildbienen angewiesen sind. Dazu untersuchten sie vier einzellebende Bienenarten näher. Alle bauen ihre Nester in Höhlen, etwa in Bienenhotels, und kommen in Städten vor: die Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta), die Rote Mauerbiene (Osmia bicornis), die Hahnenfuss-Scherenbiene (Chelostoma florisomne) und die Gewöhnliche Maskenbiene (Hylaeus communis).
Die untersuchten Bienenarten (von oben nach unten, links nach rechts): Rote Mauerbiene (Osmia bicornis), Hahnenfuss-Scherenbiene (Chelostoma florisomne), Gewöhnliche Maskenbiene (Hyaleus communis), Fotos: Beat Wermelinger, WSL. Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta), Foto: Björn S., CC BY-SA 2.0 (via Wikimedia Commons).
Für ihre Studie stellten die Forschenden in insgesamt 80 öffentlichen Grünanlagen in fünf Städten – Antwerpen, Paris, Poznan, Tartu und Zürich – Bienenhotels auf. Nach der Sommersaison sammelten sie diese ein und «überwinterten» sie im Labor. Mithilfe von Genanalysen bestimmten sie dann, von welchen Pflanzenarten die Pollenreste in den Nestern stammten.
Verschiedene Strategien fürs Stadtleben ¶
Frühere Studien haben gezeigt, dass die Urbanisierung tendenziell generalistische Arten fördert. In der Studie war die Gewöhnliche Maskenbiene die am stärksten generalistisch ausgerichtete und am weitesten verbreitete Art. Sie nutzte für ihre Larven Pollen von insgesamt 81 Pflanzenarten aus 32 Familien. Doch ihre Strategie ist kostspielig, denn viele Pollenarten sind nur schwer verdaulich oder sogar giftig. Tatsächlich zeigte sich in der Studie, dass auch andere Strategien in Städten Erfolg haben können.
Die Gehörnte und die Rote Mauerbiene etwa besuchten zwar eine Vielzahl an Pflanzenarten (33 bzw. 51). Aber ein grosser Teil des Pollens in ihren Nestern stammte von nur wenigen Pflanzenfamilien. Beide Arten bevorzugten Sträucher und Bäume. Die Gehörnte Mauerbiene nutzte etwa Weide, Apfel und Ahorn, die Rote Mauerbiene Ahorn, Buche, Eiche und Walnuss.
Beliebt bei Mensch und Biene ¶
Dies deutet darauf hin, dass die Vorliebe für bestimmte Pflanzenfamilien ein Vorteil für Bienen in Städten sein kann, wenn diese Pflanzen dort häufig sind. Dies trifft auf die bevorzugten Blütenressourcen dieser beiden Bienenarten zu. Darüber hinaus können sie innerhalb einer Pflanzenfamilie von Art zu Art wechseln und so die vorhandenen Ressourcen besser nutzen. Gleichzeitig vermeiden sie die Kosten, die mit einem ausgeprägten Generalismus verbunden sind.
Doch selbst strikte Nahrungsspezialisten können in Städten erfolgreich sein, wenn ihre bevorzugte Pflanze weit verbreitet ist. Dies ist der Fall bei der Hahnenfuss-Scherenbiene, die sich von verschiedenen Hahnenfussarten («Butterblumen») ernährt, die in Städten reichlich wachsen.
Stadtbäume für Stadtbienen ¶
«Überraschend war, dass typische Stadtpflanzen wie Löwenzahn und Klee wenig oder gar nicht zur Larvennahrung unserer untersuchten Bienenarten beitrugen», sagt Casanelles Abella, der Erstautor der Studie. Gehölze dagegen erwiesen sich als häufig genutzte Ressource. So sammelte die Gewöhnliche Maskenbiene mit abnehmendem Grünflächenanteil zunehmend Pollen von Bäumen, vor allem des Japanischen Schnurbaums (Styphnolobium japonicum). «Dies zeigt, dass die Erhaltung einer vielfältigen Vegetation, insbesondere an Bäumen und Sträuchern, entscheidend ist, um die Ernährung der Larven unserer Wildbienenarten sicherzustellen.»
Bäume und Sträucher könnten auch für andere städtische Wildbienenarten wichtig sein, zumal für solche, die früh in der Saison erscheinen. Da die Verbreitung von Bäumen in Städten weitgehend durch den Menschen gesteuert wird, ist dies laut dem Forscher ein wichtiger Ansatzpunkt für Begrünungsstrategien, besonders in dicht besiedelten Stadtgebieten, wo nur wenige krautige Pflanzen wachsen. Mehr Bäume würden den Wildbienen auch erlauben, sich neue Gebiete zu erschliessen und die Nahrungssuche erleichtern.
Exotisch oder einheimisch? ¶
Ob Pflanzen einheimisch sind oder nicht, scheint dabei wenig Einfluss auf die Präferenz der Wildbienen zu haben. Wichtiger sind Merkmale wie der Nährstoffgehalt der Pollen, der Bau der Blüten oder die Blütezeit, die innerhalb einer Pflanzenfamilie relativ konstant sein können. Wildbienen mit einer mittleren Generalismusform könnten daher sogar profitieren, wenn in Städten zusätzlich zu den heimischen auch exotische Gehölze aus ihren bevorzugten Familien wachsen, weil diese sich als Nahrungsressource ergänzen. «Um mindestens einen Teil unserer Wildbienenarten zu fördern, sollten in der städtischen Raumplanung und im Grünraum vielfältige urbane Wälder gefördert werden », konstatiert Casanelles Abella.
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