Wie Umwelteinflüsse die Evolution der Artenvielfalt beeinflussen

14.02.2019  |  Birgit Ottmer  |  News WSL

Eine neu entwickelte Methode zeigt den Gang der Evolution in unterschiedlich warmen und feuchten Regionen Europas auf. Vögel und Säugetiere schafften es früher als wechselwarme Amphibien und Reptilien, sich während ihrer Evolution an Kälte anzupassen.

Wieso gibt es nicht überall auf der Welt die gleichen Tier-und Pflanzenarten? Diese vermeintlich einfache Kinderfrage beschäftigt auch Biodiversitäts-Forschende, die zudem wissen möchten, weshalb gewisse Gebiete artenreicher sind als andere. Bekannt ist: Je weiter voneinander entfernt zwei Orte liegen, und je stärker dort Umweltfaktoren wie Temperatur oder Feuchtigkeit voneinander abweichen, desto stärker unterscheidet sich die Artenzusammensetzung an diesen Orten. Wie stark die Umwelt an sich, also unabhängig von Distanzen zwischen zwei Orten, die Evolution der Artenzusammensetzung beeinflusst, ist noch kaum erforscht. Bianca Saladin, Doktorandin an der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL und weiteren Forschenden der WSL, der Universität Lausanne und der Universität Grenoble ist es nun gelungen, den Beitrag der geografischen Distanz „wegzurechnen“. Danach konnte sie sich auf den Einfluss der Umweltfaktoren auf die Evolution verschiedener Artengruppen konzentrieren.

Konkret untersuchten sie die Veränderung der Artenzusammensetzung und die Verwandtschaftsverhältnisse von Säugetier-, Vogel-, Reptilien-und Amphibienarten in Europa, abhängig von Wärme und Feuchtigkeit (und losgelöst von der geografischen Distanz). Bianca Saladin und ihre Kolleginnen und Kollegen konnten zeigen, dass sich die Artenzusammensetzung der wechselwarmen Tiergruppen Amphibien und Reptilien unter kühlen und feuchten Bedingungen viel weniger veränderten als die der warmblütigen Artengruppen Vögel und Säugetiere. Saladin erklärt: „Das bedeutet, dass sich in Europa nur wenige Arten der wechselwarmen Wirbeltiere durch die Evolution an kalte Regionen anpassen konnten. Und besonders bei den Amphibien sind sie alle nahe verwandt. Ausserdem sind diese Anpassungen wesentlich später in ihrer Evolution passiert als bei den Vögeln und Säugetieren.“

Die Methode der Nachwuchs-Forscherin erlaubt somit, längst vergangene Prozesse der Evolution anhand von einfach erhältlichen Biodiversitätsdaten nachvollziehbar zu machen. Sie kann auf andere Fragestellungen übertragen werden, bei denen geografische und ökologische Distanz zusammenspielen – etwa beim Effekt von Isolation durch eine Eiszeit oder durch Gebirgsbildung auf die Artenvielfalt. Die Methode hilft zu verstehen, wie sich Arten im Laufe der Evolution an die Umwelt anpassen und wie Biodiversität entsteht. „Gerade weil die Biodiversität in der Schweiz und weltweit dramatisch zurückgeht, möchte ich unbedingt verstehen, wie sie überhaupt zustande kommt“, hält Saladin fest.

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