Integriertes Monitoring und Management (IMM): Monitoring in Projektgebieten und Retrospektive Analysen zu trophischen Kaskaden

Projektleitung

Andrea D. Kupferschmid

Stellvertretung

Martina Hobi

Projektmitarbeitende

Andrea D. Kupferschmid

Ziel ist einerseits die Entwicklung und Umsetzung eines langfristigen und integrierten Monitorings von Ungulaten, Grossraubtieren und Baumverjüngung in Testgebieten und andererseits die retrospektive Analyse von trophischen Kaskaden mittels Baumverjüngungsdaten des Landesforstinventars (LFI), kantonalen Daten zu den wildlebenden Huftieren und Daten der KORA zu Grossraubtieren.

Überblick

Im Teilprojekt “Monitoring in Projektgebieten” wird ein Monitoringsystem entwickelt, um örtlich und zeitlich synchron Daten zu wildlebenden Huftieren, Grossraubtieren und der Baumverjüngung zu sammeln, um den Einfluss von Wildhuftieren auf den Wald zu untersuchen.

Im Projektteil “Retrospektive Analysen zu trophischen Kaskaden” werden bereits vorhandene Daten analysiert, um die Einflüsse von verschiedenen Faktoren auf die Baumverjüngung und Biodiversität zu quantifizieren. Dazu werden Daten der schweizerischen Landesforstinventare (insbesondere LFI4 und LFI5, also 2009 bis 2023) mit kantonalen Daten zu Wildhuftieren (Bestandesschätzungen und Jagdstatistik) und Grossraubtierdaten der KORA verknüpft.

Ziele Monitoring in Projektgebieten

In diesem Projekt soll ein Monitoringsystem entwickelt werden, das wildlebende Huftiere, Grossraubtiere, Baumverjüngung und Landnutzung nicht isoliert betrachtet, sondern integriert. Das Ziel ist es, eine langfristige Datengrundlage zu schaffen, um Wissen zu vernetzen und zum Beispiel eine Beurteilung von Effekten von grossen Beutegreifern auf die Baumverjüngung zu ermöglichen.

Massnahmen sind vorallem dann effizient, wenn sie die richtigen Tierarten betreffen. Es ist deshalb von zentraler Bedeutung die hauptsächlichen Verursacher des Verbisses, also die "Verbisstäter", zu kennen.

Methoden Monitoring in Projektgebieten

Im Rahmen des Projekts wird ein System zum Monitoring von wildlebenden Huftieren, Grossraubtieren und der Baumverjüngung angestrebt, um eine Integration der Daten zu erlauben.

Hierbei erfinden wir nichts neues, sondern bauen auf verschiedensten Projekten auf. Im Gegensatz zum Schalenwildmonitoringprojekt in Deutschen Nationalparken werden die Fotofallen an demselben Standort installiert, wo auch die Baumverjüngung vermessen und auf Verbiss beurteilt wird. So ist der kausale Zusammenhang zwischen «Verbisstäter» und verbissenen Bäumchen direkt beobachtbar. Im Gegensatz zum Projekt Wald und Wildhuftiere im Waldlabor Zürich, wo nur 2 Wochen im Jan/Feb und Mai/Juni Fotofallen platziert werden, sollen Fotofallen in diesem Projekt das ganze Jahr über Informationen zur Präsenz der wildlebenden Tiere liefern. Aufbauend auf dem Projekt Verbisseinfluss - Monitoring in Buchenwäldern (Kirchberg, SG), sollen die nächsten zwei Bäumchen pro Baumart und Höhenklasse im Herbst auf Verbiss beurteilt werden. Zudem soll aber in einem fixen Radius die Dichte der Baumverjüngung analog LFI notiert werden, um Dichtevergleiche über eine kurze Zeitspanne machen zu können (Schwachpunkt k-Baum Methode, vergl. Literatur) und um schweizweite Vergleiche zu ermöglichen.

Detaillierte Methode

Wildtiermonitoring

Mithilfe von Kamerafallen werden Populationsgrössen, die räumliche Verteilung, das Geschlechterverhältnis und die Altersstruktur der jeweiligen Huftierarten erfasst. Für die Dichteberechnungen ist ein halbautomatisiertes «Camera-Trap-Distance- Sampling» geplant. Für die Analysen ist es wichtig, dass die Standorte zufällig ausgewählt und die Kameras nicht gezielt auf Wechsel oder andere Objekte ausgerichtet werden, welche die Beobachtungswahrscheinlichkeit beeinflussen können. Um die zufällige Anbringung der Kamerafallen sicherzustellen, wird ein Raster mit einer Rasterzellengrösse von 500 m x 500 m über das Untersuchungsgebiet gelegt. Aus diesem Raster werden mindestens 50 Rasterzellen zufällig und unter Berücksichtigung einer repräsentativen Verteilung der Höhenstufen ausgewählt. Die Kamerafallen werden dann möglichst am Mittelpunkt der jeweiligen Rasterzelle in einer Höhe von 80 cm über Boden an Bäumen oder Holzpfosten befestigt (minimale Sichtweite von 8 m).

Zusätzlich werden Kameras an mindestens 25 Standorten im Wald bei der nächstmöglichen Gruppe von bei den Huftieren beliebten Baumarten angebracht, um zu beobachten, welche Huftierarten den Verbiss verursachen.

 

Monitoring vom Wildtiereinfluss

Für das Monitoring des Verbisseinflusses werden jeweils im Herbst an jedem Standort Baumverjüngungsaufnahmen gemacht. Dabei setzen wir 7 m vor der systematisch platzierten Kamera den Mittelpunkt der 1. Probefläche. Zusätzlich werden 20 m west- und 20 m ostwärts weitere Probeflächen platziert, damit ein möglicher Einfluss der 8 m Sichtdistanz abgeschätzt werden kann. Die Baumverjüngungsdichte (Vollkreisaufnahme) und der Verbisseinfluss wird erfasst. Hierzu werden vom Mittelpunkt jeder Probefläche ausgehend in einem maximalen Suchradius von fünf Metern jeweils die nächsten beiden Bäumchen jeder Baumart in Höhenklassen genauer untersucht (k-Baum-Methode). Von jedem Bäumchen wird die Distanz zum Mittelpunkt aufgezeichnet, der Höhenzuwachs der letzten Jahre gemessen (aktuelles Jahr und Vorjahr, deshalb Herbstaufnahme), sowie die Häufigkeit, Stärke und Saison des Verbisses notiert.

Vom Mittelpunkt ausgehend werden zudem die Beschattung, Deckungsgrade der Vegetation, Bestandesstruktur, Entwicklungsstufen, Hangneigung, Distanz zum nächsten Weg und andere Faktoren (z.B. Wühltätigkeit von Wildschweinen, Holzschlag etc.) notiert.

Bei den Verjüngungsgruppen werden dieselben Aufnahmen gemacht wie an den nächsten k-Bäumchen. Die Aufnahmen erfoglen aber im Herbst und Frühling, so dass zwischen Winter- und Sommerverbiss direkter unterschieden werden kann.

 

Untersuchungsgebiete

Die Untersuchungen starteten im Herbst 2023 im Stockhorngebiet. Im Jahre 2024 kamen Teile des Weisstannentales bzw. des Sarganserland hinzu.

Ziele Retrospektive Analysen zu trophischen Kaskaden

Anhand bestehender Daten soll eine Abschätzung von Kaskadeneffekten von Beutegreifern (Luchs und Wolf) via Wildtiere auf die Baumverjüngung gemacht werden. Dies entspricht dem letzten Punkt des Projektes Verbiss an der Baumverjüngung im Schweizer Wald.

Methode Retrospektive Analysen

Ein wichtiger Teil dieses Projekts ist die Integration von Daten aus verschiedenen Quellen. Genutzt werden

i) die Daten zum Terminaltrieb-Verbiss aus dem schweizerischen Landesforstinventar 4 und 5, also seit 2009 bis heute,

ii) kantonale Daten zu Abschuss, Fallwild und Bestandesschätzungen der wildlebenden Huftiere Reh, Gams und Rothirsch seit 2009 bis heute,

iii) die Daten zu Präsenz/Absenz der Grossraubtiere Luchs und Wolf der KORA.

In einem ersten Schritt wurden für die Region Jura die Entwicklung der Verbisshäufigkeit in Gebieten mit Wolf (West) mit Gebieten ohne Wolf (Ost) verglichen. Danach wurden die zeitliche Entwicklung der Populationsdaten von Rothirschen in Gebieten mit und ohne Wolf des Kantons GR verglichen. (Vortrag “Impact of recolonizing predators on ungulate browsing pressure exploring trophic cascades in human-influenced landscapes and their potential implications for Swiss forests” von Jon Went (KORA) an der Konferenz “Temperate Forests in the Anthropocene” vom 20. Sept 2024).

Nun sollen Populationsmodelle auch für andere Regionen und andere Huftiere gerechnet werden. Schlussendlich soll der Effekt der Wölfe (und ev. Luchse) über die Population von wildlebenden Huftiere auf den Verbiss in ausgewählten Teilen der Schweiz retrospektiv analysiert werden.

Kooperationen

Nina Gerber; IMM-Projektverantwortliche bei der KORA

Christian Willisch: HAFL

Beni Gehr: Wildtier Schweiz

Für die jeweiligen Projektgebiete sind natürlich auch die Kantone BE und SG Projektpartner.

Literatur zu früheren Projekten

Angst J.K., Kupferschmid A.D. (2023) Assessing browsing impact in beech forests: the importance of tree responses after browsing. Diversity. 15(2), 262 (22 pp.). doi:10.3390/d15020262

Fiderer C., Kupferschmid A.D., Storch I., Heurich M. (2023) Schalenwildmonitoring in den deutschen Nationalparken – Teil 2. AFZ Wald. 78(22), 32-34.

van Beeck Calkoen S.T.S., Milch J., Kupferschmid A.D., Fiderer C., Heurich M. (2023) A guide for selecting the appropriate plot design to measure ungulate browsing. For. Ecosyst. 10, 100147 (11 pp.). doi:10.1016/j.fecs.2023.100147

Huber, M. O., Schwyzer, A., & Kupferschmid, A. D. (2018). A comparison between plot-count and nearest-tree method in assessing tree regeneration features. Current Trends in Forest Research, 2018(4), CTFR-122 (11 pp.). doi.org/10.29011/2638-0013.100022

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