Pflanzen und Menschen in urbanen Grünräumen (PAPPUS)

Projektleitung

Marco Moretti, WSL (Project leader)
Marcel Hunziker, WSL (Deputy)
Lauren M. Cook, Eawag 
Bertrand Fournier, Potsdam Universität 

Projektdauer

2023 - 2027

Finanzierung

Wie menschliche und biophysikalische Faktoren gemeinsam die biologische Vielfalt und die Lebensqualität in Städten beeinflussen

Angesichts von Belastungen wie der Verdichtung der Städte, dem Verlust der biologischen Vielfalt und dem Klimawandel wächst der Konsens darüber, dass Städte umgestaltet werden sollten, um die biologische Vielfalt wiederherzustellen, das Mikroklima zu regulieren und die Lebensqualität der Menschen zu verbessern. Urbane Grünflächen, wie Parks und private Gärten, können dazu beitragen, diese vielfältigen Ziele zu erreichen, vor allem aufgrund der dort wachsenden Vegetation. Leider verstehen wir noch nicht vollständig, was die Pflanzengemeinschaften in urbanen Grünflächen bestimmt, vor allem weil die Zusammenhänge zwischen den biophysikalischen Faktoren und der Einfluss der Menschen, die die Pflanzengemeinschaften in Städten bestimmen, noch nicht ausreichend erforscht sind. Infolgedessen ist nach wie vor unklar, wie die Vielfalt, die Zusammensetzung und die Eigenschaften von Pflanzen in urbanen Grünflächen gesteuert werden können, um sowohl ökologische Ziele wie die Bereitstellung von Lebensräumen für Insekten und die Temperaturregulierung als auch gesellschaftliche Ziele wie die Bereitstellung von hoher Erholungsqualität zu erreichen. Um zu verstehen, wie diese Vorteile realisiert werden können, ist ein interdisziplinärer Ansatz erforderlich, der sich mit den sozialen und ökologischen Prozessen befasst, die der Entscheidungsfindung der Beteiligten zugrunde liegen.

Zielsetzung und Forschungsfragen

Ziel des Projekts PAPPUS1 ist es, zu verstehen, wie Entscheidungstragende (z. B. Eigentümer einer privater Grünflächen, Verwalter von öffentlichen Grünflächen, Gärtner oder Laien) die Pflanzenvielfalt in verschiedenen urbanen Grünflächen beeinflussen und wie sich ihre Entscheidungen auf den ökologischen und menschlichen Nutzen auswirken, der aus urbanen Grünflächen gezogen werden kann. Dies geschieht mit dem Ziel nachhaltige Maßnahmen vorzuschlagen, die den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen der Pflanzen in Städten am besten gerecht werden.

Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir die menschlichen und biophysikalischen Einflussfaktoren auf pflanzenbezogene Entscheidungen in privaten, halböffentlichen und öffentlichen urbanen Grünflächen untersuchen. Von besonderer Bedeutung ist, ob Entscheidungen durch externe Faktoren (z. B. öffentliche Präferenzen oder Wissen über die Krise der biologischen Vielfalt und den Klimawandel) beeinflusst werden können und wie sich die so beeinflussten Entscheidungen die funktionale Zusammensetzung von Pflanzengemeinschaften in urbanen Grünflächen unter aktuellen und zukünftigen Klima- und Stadtverdichtungsszenarien verändern würden.

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1Der Pappus ist der leichte federartige Fortsatz einiger Früchte, der die Funktion hat, die Ausbreitung der Samen durch den Wind zu begünstigen, wie beim bekannten Löwenzahn (Tarassacum officinalis).

 

PAPPUS wird die folgenden vier Forschungsfragen untersuchen:

  1. Welche Pflanzen kaufen und pflanzen die Entscheidungstagenden und wie pflegen sie diese unter Berücksichtigung ihrer eigenen Präferenzen und der Präferenzen anderer Interessengruppen sowie verschiedener externer Überlegungen?
  2. Welche Pflanzen wachsen in verschiedenen urbanen Grünflächen und wie wirken sie sich auf die biologische Vielfalt von Insekten und den menschlichen Nutzen aus?
  3. Wie wirken sich Pflanzen, die in urbanen Grünanlagen angebaut werden, auf das lokale Mikroklima aus und wie wirkt sich das Klima auf diese Pflanzen aus?
  4. Welche Pflanzen würden in diesen urbanen Grünflächen in Zukunft unter verschiedenen Szenarien wachsen und wie wird sich dies auf den ökologischen und menschlichen Nutzen auswirken?

Projektorganisation

Das Projekt begann im Jahr 2023 und läuft bis 2027. Dabei werden in drei Schweizer Städten (Lugano, Genf und Zürich), welche die drei verschiedenen biogeografischen Regionen, Sprachen und soziokulturelle Gegebenheiten repräsentieren, Untersuchungen durchgeführt. Das Projekt konzentriert sich auf die wichtigsten Typen von urbanen Grünflächen (private Gärten, Familiengärten, Parks, Grundstücke und Ruderalflächen), mit insgesamt 60 Standorten pro Stadt und 180 Standorten insgesamt (siehe Abbildung 2).

 

Diese Forschungsfragen werden in ihren jeweiligen Arbeitspaketen (AP) behandelt (siehe Abbildung 3): Gesellschaft (AP1), Biodiversität (AP2), Mikroklima (AP3) und Integrierte Szenarien (AP4 ):

AP1 Gesellschaft (Dr. Marcel Hunziker, WSL) untersucht die pflanzenbezogenen2 Präferenzen und Entscheidungen der Schweizer Bevölkerung und von Personen, die für verschiedene urbanen Grünflächen in Schweizer Städten verantwortlich sind.

AP2 Artenvielfalt (Dr. Marco Moretti, WSL) bewertet, wie sich Bepflanzungs- und Bewirtschaftungsentscheidungen zusammen mit biophysikalischen Faktoren auf die aktuellen Pflanzenbestände, die Artenvielfalt von Insekten und den menschlichen Nutzen in verschiedenen urbanen Grünflächen auswirken.

AP3 Mikroklima (Dr. Lauren Cook, Eawag) erforscht, wie Pflanzeneigenschaften und -zusammensetzungen die Wärmeregulierung in urbanen Grünflächen in einem aktuellen und zukünftigen Schweizer Klima beeinflussen.

AP4 Integrierte Szenarien (JProf. Betrand Fournier, Universität Potsdam) quantifiziert und modelliert die durch Merkmale vermittelte Reaktion von Pflanzengemeinschaften und den damit verbundenen ökologischen und menschlichen Nutzen.

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2Wir verwenden den Begriff "pflanzenbezogen", um Präferenzen und Verhaltensweisen in Bezug auf Pflanzenarten, -eigenschaften und -zusammensetzungen zu erfassen.

Wissenschaftliche und gesellschaftliche Relevanz

Die Originalität von PAPPUS liegt in der starken Integration sozialer, ökologischer und klimatologischer Theorien und Methoden sowie in der Verwendung eines mechanistischen und prädiktiven Modellierungsansatzes, der Pflanzenmerkmale zur Quantifizierung nutzt , um gesellschaftliche Präferenzen und Bewirtschaftungspraktiken im Zusammenhang mit der Vegetation in verschiedenen urbanen Grünflächen und deren Auswirkungen auf die biologische Vielfalt, das Mikroklima und die Lebensqualität zu bewerten. Letztendlich werden wir soziale, ökologische und mikroklimatische Erkenntnisse gewinnen, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass urbane Grünflächen weiterhin entscheidenden Zusatznutzen bieten, da die unterschiedlichen Bedürfnisse von Pflanzen, biologischer Vielfalt und Menschen berücksichtigt werden.

Fortschritte des Projekts

Aktivitäten 2023: Wir haben 60 urbane Grünflächen in allen drei Städte ausgewählt. In jeder von ihnen haben wir Erhebungen zur Vegetation durchgeführt, während wir in 15 von ihnen (5 pro Stadt) relevante mikroklimatische Variablen gemessen haben. Außerdem führten wir qualitative Interviews mit einer Auswahl von Verantwortungstragenden dieser Grünflächen in allen drei Städten durch. Von den Pflanzenlieferanten erhielten wir Listen der im Handel erhältlichen Arten, die zusammen mit den in der Schweiz vorkommenden einheimischen Arten den globalen Artenpool von mehr als 4.000 Arten bilden, der zur Untersuchung der Pflanzenmerkmale (Attribute) der Pflanzen in unseren UGS herangezogen wird.

Aktivitäten 2024: In 60 Grünanlagen in der Stadt Zürich haben wir Proben von mit pflanzen interagierenden Insekten genommen und Blüten und Blätter gesammelt, um deren chemische Zusammensetzung zu analysieren. Wir bereiteten die sozialwissenschaftliche Umfrage vor, die landesweit und unter den 180 Eigentümern und Verwaltern von unseren Grünflächen durchgeführt wird. Wir begannen mit der Modellierung des Mikroklimas und sammelten zusätzliche Mikroklimadaten in 15 Grünanlagen in der Stadt Zürich. Anhand der Daten zu allen in der Schweiz und auf dem Markt erhältlichen Pflanzen analysierten wir schließlich die in der Stadt vorhandenen Arten und ermittelten einige Muster von Pflanzenmerkmalen (Attributen) und deren Vorkommen. 

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