Erbgut ist überall – im Boden, in der Luft, im Wasser. Durch die Analyse dieser sogenannten Umwelt-DNA (engl. «environmental DNA», kurz eDNA) finden Forschende beispielsweise heraus, welche Organismen in einem Lebensraum vorkommen.
Wie findet man seltene Fische im Meer? Oder winzige Pilze in einer Wiese? Nachtaktive Amphibien in einem zugewachsenen Tümpel? Lange gab es hier nur eine Antwort: Indem man mühsam, zeit- und personalaufwendig im Gelände sucht, oft teures Equipment einsetzt und auf eine Portion Glück hofft.
Erbgut aus Umweltproben analysieren ¶
Mittlerweile gibt es eine weitere, oft weniger aufwendige und erfolgversprechendere Methode: Man untersucht Umweltproben aus jenem Lebensraum, den man überwachen möchte, nach Spuren von Erbgut. Denn Erbgut findet sich überall, in der Luft, im Wasser, im Boden. Tiere verlieren es beispielsweise mit Speichel, Haaren, Federn oder Kot, Pilze setzen es in ihren Sporen frei oder Blüten in ihrem Pollen. Schwimmt ein Fisch oder Molch durchs Wasser, hinterlässt er für das Auge unsichtbare DNA-Spuren im Wasser. Forschende können diese Erbgutspuren analysieren und anhand von DNA-Referenzdatenbanken bestimmen, von welchen Arten oder Artgruppen sie stammen. An der Weiterentwicklung und Optimierung der eDNA-Analysen wird nach wie vor aktiv geforscht, die Methoden werden aber auch zunehmend in der Praxis zur Erfassung der Biodiversität und Artverbreitung eingesetzt.
Das eDNA-Labor der WSL ist speziell für solche Untersuchungen ausgerüstet. Die Forschenden bereiten dort die Proben auf, indem sie das Erbgut daraus extrahieren und es unter sterilen Bedingungen so aufbereiten, dass es in mit den entsprechenden Geräten ausgestatteten WSL-Labors vervielfältigt werden kann. Diese Arbeiten müssen unter besonderen Reinhaltemassnahmen erfolgen, damit nicht statt dem Erbgut in der Probe beispielsweise jenes in der Laborluft analysiert wird.
Hohe Sauberkeitsstandards ¶
Deshalb gelten in unserem eDNA-Labor besondere Sauberkeitsstandards. So gelangt beispielsweise nur mit Partikelfiltern gereinigte Luft ins Labor, und ein leichter Überdruck reduziert ebenfalls Kontamination von aussen. Die Forschenden betreten das Labor durch einen Vorraum, in dem sie Schutzkleidung überziehen und Labormaterial sowie Probenbehälter nochmals oberflächlich reinigen, bevor sie das Labor betreten.
Die Isolation des Erbguts findet grösstenteils in der Sicherheitswerkbank statt, wo Arbeiten unter besonders sauberen Bedingungen und mit schädlichen Chemikalien möglich ist. Der Arbeitsplatz wird nach jeder Benutzung gründlich gereinigt, so dass allfälliges Erbgut zerstört und damit das Risiko für Verunreinigungen für nachfolgende Untersuchungen minimiert wird.
Rote Liste der Pilze ¶
Die Analyse von Umwelt-DNA hilft beispielsweise, genauere Informationen zur Verbreitung von Pilzarten in der Schweiz zu erhalten und so eine mögliche Gefährdung besser abschätzen zu können. Diese Daten kommen der Revision der Roten Liste der Pilze der Schweiz zugute. Forschende der WSL wie auch Freiwillige stellen in der ganzen Schweiz Sporenfallen auf (Bild). Diese funktionieren nach einem sehr einfachen Prinzip: Die über die Luft verbreiteten Pilzsporen sammeln sich in Filterpapieren, aus denen dann im eDNA-Labor das Erbgut isoliert wird. Die Forschenden können anhand der Erbgut-Sequenzen bestimmen, welche Arten oder Artengruppen von Pilzen in der Nähe der Sporenfalle wachsen – ohne diese Pilze selbst im Freiland gefunden zu haben.