Murganglabor

Das Grossraumlabor der WSL bietet die Möglichkeit, Murgänge im Modell zu untersuchen. Dabei können die Wissenschaftler das Fliessverhalten von verschiedenen Materialien untersuchen, den Erosionsprozess studieren oder Messinstrumente testen, bevor sie im Gelände eingesetzt werden. Zudem dient die Murgangrinne immer wieder zu Demonstrationszwecken für Besuchergruppen, um charakteristische Eigenschaften von Murgängen im Labor vorzustellen.

Murgänge, auch Muren, Schlammlawinen oder Rüfen genannt, entstehen, wenn Wasser lockeres Geröll und Felsblöcke in steilem Gelände zum Fliessen bringt. Das Gemisch aus Feststoffen und Wasser bewegt sich in Wildbächen wellenförmig talwärts und hat eine grosse Zerstörungskraft.

Um den Schutz zu verbessern ist es nötig, die genauen Vorgänge während eines Murgangs zu kennen. Deshalb untersuchen wir die Schlammlawinen sowohl in mit zahlreichen Instrumenten ausgerüsteten Versuchsanlagen im Feld als auch in Laborexperimenten im verkleinerten Massstab.

Fünf Meter langer Kanal

Hierfür setzen wir sogenannte Murgangrinnen ein, die im fünf Meter hohen Grossraumlabor der WSL Platz finden. Sie bestehen aus einem Startbehälter und der Beschleunigungsstrecke, in der die Murgangwelle erzeugt wird. Daran schliesst der eigentliche Messkanal von fünf Metern Länge an – eine offene geneigte Ebene oder ein gebogener Gerinneverlauf. Der Kanal ist knapp 80 cm breit und so aufgebaut, dass man entweder ein dreidimensionales Bachbett einbringt oder einen schmaleren Kanal von 30 cm Breite darin einbauen kann.

Die seitlich unbegrenzte geneigte Ebene weist eine raue Oberfläche auf, um die Reibungsverhältnisse korrekt nachzubilden. Der gebogene Gerinneverlauf weist Kurven mit verschieden Radien auf und ist ebenfalls mit einer rauen Sohle versehen. Alle Bereiche können unabhängig voneinander geneigt werden. Messapparate wie Lasersensoren und Hochgeschwindigkeitskameras ermöglichen detaillierte Beobachtungen des Fliess- und Ablagerungsverhaltens.

Projekt "Debris flow" als Beispiel für den Einsatz der Murgangrinne

Im Rahmen des vom ETH-Rat mitfinanzierten Forschungsprojekts "debris flow" untersuchten Forschende der WSL anhand physikalischer Modellversuche in der Murgangrinne das Fliess- und Erosionsverhalten von Murenschüben. Da Murgänge in der Schweiz in der Mehrzahl eine granulare Materialzusammensetzung aufweisen, beschränkten sich die Untersuchungen auf diesen Materialtyp. Grundvoraussetzung und wesentlicher Unterschied zu den meisten Laboruntersuchungen war, dass die Wissenschaftler hier eine möglichst natürliche Materialmischung verwendeten und damit annähernd natürliche Bedingungen vorlagen. Sie testeten verschiedene Konzentrationen der Feststoffe, von Reinwasserpulsen bis zur Maximalkonzentration, bei der der Murenschub im Gerinne zum Stillstand kommt (Deposition). Ausserdem stand für die Experimente ein erodier- und bewässerbares Bachbett von dreidimensionaler Struktur zur Verfügung, um möglichst ähnliche Abflussverhältnisse wie in der Natur zu erreichen.

Wissenschaftliche Methoden

Bei den Experimenten verwendeten die Forschenden zwei verschiedene Materialien, wobei sie die meisten Versuche mit Material aus einem murfähigen Wildbach durchführten. Daneben veränderten sie systematisch die Anfangsbedingungen wie Neigung, Schubvolumen und Wassergehalt der Startmischung. Mit diversen Messinstrumenten erfassten die Wissenschaftler Abflussparameter und vermassen im Anschluss an die Versuche die Gerinnetopographie. Rund 170 Experimente wurden dabei durchgeführt und ausgewertet.

Des Weiteren dient die Murgangrinne immer wieder zu Demonstrationszwecken für Besuchergruppen, um charakteristische Eigenschaften von Murgängen im Labor vorzustellen.

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