Seit dem Jahr 2000 beobachtet die WSL spontan auftretende Murgänge am Illgraben, einem aussergewöhnlich aktiven Einzugsgebiet nahe der Ortschaft Susten (Leuk) im Wallis. Das Gebiet ist mit Messinstrumenten bestückt, mit deren Hilfe Informationen gesammelt werden, die unser Verständnis von Murgängen verbessern.
Inhalt ¶
Forschung im Illgraben ¶
Die Forschenden fühlen Murgängen im Illgraben gründlich auf den Zahn: Sie messen den Druck, die Geschwindigkeit, die Dichte, das Volumen, die Höhe jedes Murgangs. Dafür sind verschiedene Sensoren und Messgeräte im und um den Graben angebracht. Sie haben in verschiedenen Forschungsprojekten das Verständnis von Murgängen verbessert.
An Kabeln über dem Graben sind Radare und Videokameras angebracht. Eine der Kameras ist mit einem Scheinwerfer für Nachtaufnahmen verbunden. Die Radare messen die Höhendifferenz im Graben und ermitteln so die Dicke eines Murgangs. Ein Geofon registriert Vibrationen und bestimmt die Fliessgeschwindigkeit. Im Boden vergrabene Sensoren um das Gebiet herum messen die Bodenfeuchtigkeit und helfen so zu verstehen, wie Regen Murgänge auslöst. Eine Murgangwaage misst die vertikalen und horizontalen Kräfte der darüber fliessenden Murgänge.
Im Rahmen eines innovativen Projekts machen 3D-LiDAR-Scanner Bilder der Ereignisse. So lassen sich einzelne Felsbrocken verfolgen und die Fliesstiefe und das Volumen berechnen. Mit diesen Informationen wollen die Forschenden herausfinden, wie sich Murgänge bewegen.
Seismometer zeichnen die Erschütterungen auf, die Murgänge erzeugen. Sie messen auch Prozesse im schwer erreichbaren Einzugsgebiet, wo man keine Messinstrumente anbringen kann. Sie detektieren Murgänge äusserst schnell. Mittels intelligenter Algorithmen, die die seismischen Daten in Echtzeit auswerten, testet die WSL neue Ansätze für Alarmsysteme.
Auch Drohnenbefliegungen finden statt. Die Drohnen können im Gegensatz zu anderen Messmethoden ein sehr grosses Gebiet überwachen. Sie registrieren Veränderungen an den Hängen des Einzugsgebiets nach einem Murgang.
Gefahren abschätzen ¶
Die verschiedenen Messgeräte werden auch von externen Partnern benutzt. So entwickelten beispielsweise Forschende der Universität Durham mit sorgfältig wiederholten Lasermessungen ein Murgang-Erosions-Modul. Dieses ist nun Teil des RAMMS:Debrisflow-Softwarepakets, welches das Fliessen von Murgängen simuliert. Es wird weltweit benutzt, um Gefahren abzuschätzen und Schutzmassnahmen zu designen.
Verfügbarkeit der Daten
Die wichtigsten Resultate der Messungen am Illgraben sind auf EnviDAT, dem Forschungsdatenportal der WSL, verfügbar. Da sich die Methoden zur Datenauswertung stetig verbessern, werden die Resultate laufend aktualisiert. Publikationen, welche die Daten, Methoden und Resultate beschreiben, sind auf DORA vorhanden und unten verlinkt.
Häufige Murgangaktivität ¶
Andernorts sind Murgänge seltene Ereignisse, im Illgraben jedoch gibt es jährlich im Schnitt drei bis fünf. Er eignet sich deshalb besonders gut als Forschungsobjekt. Die geologischen Gesteinsformationen und -strukturen unter den steilen Hängen im oberen Einzugsgebiet begünstigen Murgänge. Wie genau, das erklärt François Dufour im folgenden Kurzvideo.
Verwandte Themen ¶
Kontakt ¶
Kontakt Seismische Messungen ¶
Kontakt LiDAR Messungen ¶
Kontakt Drohnenbefliegungen ¶
WSL-Publikationen ¶
Wissenschaftliche Publikationen ¶
Projekte ¶
Externe Projekte ¶
Framework for Process Cascade Modelling of Rapid Mass Movements
Das CCAMM II Projekt am SLF untersucht den Einfluss des Klimawandels auf alpine Massenbewegungen und die damit einhergehenden neuen Herausforderungen. Im Rahmen des Arbeitspackets 4.3 nutzen die Forschenden den Illgraben für Tests. Sie wollen herausfinden, wie man die Bodenfeuchtigkeit in die Vorhersage des Abflusses von Massenbewegungen miteinbeziehen kann.
TREBRIDGE
In diesem Projekt wird Oberflächenexpositionsdatierung von Sedimenten am Illgraben und in der Rhone verwendet, um den langfristigen Sedimentaustrag aus dem Illgraben einzugrenzen. Der Illgraben wird auch als Vergleichseinzugsgebiet für die anderen Untersuchungsstandorte in diesem interdisziplinären Projekt dienen. WSL Kontaktperson: Brian McArdell
NWO VENI - Impact or shear?
Das Ziel diesess Projekts der Universität Utrecht ist es, die Mechanismen der Sohlenerosion durch Experimente und Feldmessungen zu entschlüsseln. Dies wird eine genauere Schätzung des Volumens von Murgängen ermöglichen, was eine bessere Vorhersage der Gefahren und eine bessere Schadensbegrenzung erlaubt. Das Projekt wird auch durch ein Video beschrieben. WSL Kontaktperson: Brian McArdell
Projektname
In diesem Projekt, an dem auch der USGS-Hydrologe Dr. Ben Mirus beteiligt ist, werden wir untersuchen, wie Murgängen und Erdrutschen im oberen Einzugsgebiet ausgelöst werden. Uns interessiert auch, wie Wasser im Gerinnebett Sedimente in Murgängen mitreisst - ein Prozess, der die von Murgängen ausgehende Gefahr erheblich erhöhen kann.