
Waldbericht 2025 ¶
Wald im Umbruch ¶
Wie geht es unserem Wald? Zum dritten Mal nach 2005 und 2015 gibt der Waldbericht Antworten – mit umfassenden Einblicken in Zustand, Entwicklung und Zukunft unserer Wälder.
Der Waldbericht, herausgegeben vom Bundesamt für Umwelt BAFU und der WSL, ist eine Gesamtschau über Zustand und Entwicklungen des Schweizer Waldes in den letzten zehn Jahren und gibt einen Ausblick für alle Themenbereiche im Hinblick auf den fortschreitenden Klimawandel. Rund neunzig Expertinnen und Experten haben die Informationen für den Waldbericht 2025 aus einer Vielzahl von Langzeitbeobachtungen gesammelt und in den sechs thematischen Kapiteln (s. unten) fachkundig interpretiert, um die relevanten Fragestellungen zu beantworten.
Inhalt ¶
Ressourcen ¶
Der Schweizer Wald erbringt eine Vielzahl von Leistungen, so ist er beispielsweise Kohlenstoffspeicher und Lieferant von nachwachsenden Rohstoffen. Die Waldfläche hat in der letzten Dekade nur noch leicht zugenommen – vornehmlich in hohen Lagen, wo die Alpwirtschaft aufgegeben wurde. Der Holzvorrat beträgt landesweit konstant 420 Millionen Kubikmeter. Regional sind die Entwicklungen aber unterschiedlich verlaufen. Auf der Alpensüdseite und in den Alpen hat der Holzvorrat zugenommen. Im Jura und im Mittelland hat er dagegen leicht abgenommen. Diese Entwicklungen sind vor allem auf unterschiedliche Nutzungsintensitäten sowie auf Verluste aufgrund klimatischer Veränderungen zurückzuführen. Diese hatten eine hohe Mortalität und vermehrte Zwangsnutzungen zur Folge. Insbesondere Fichte und Buche an klimasensitiven Standorten haben darunter gelitten. Strukturreiche Wälder und artenreiche Mischbestände können sich besser an die klimatischen Veränderungen anpassen. Dies wird zu Veränderungen des Holzangebots in Quantität und Qualität führen. Es sind die jungen Bäume, die den Wald von morgen ausmachen. Um resiliente Wälder mit einer zukunftsfähigen Waldverjüngung zu erhalten, sollte die Vielfalt der Waldstrukturen aktiv gefördert werden. Die Anpassung an den Klimawandel, zum Beispiel mit geeigneten Baumarten und Waldstrukturen, ist eine Herausforderung, die es zu meistern gilt. Denn nur ein Wald, der sich anzupassen vermag, kann auch in Zukunft seine vielfältigen Leistungen erbringen.
Gesundheit und Vitalität ¶
Die Gesundheit und die Vitalität der Wälder sind ein wertvolles Gut, das durch Umwelteinflüsse gefährdet werden kann. Der Klimawandel setzt den Wald unter Druck. In der Schweiz ist die durchschnittliche Jahrestemperatur im Vergleich zur vorindustriellen Zeit um 2 °C gestiegen. Stickstoffhaltige Luftschadstoffe und Ozon überschreiten immer noch die kritischen Belastungsgrenzen und können die Wälder zusätzlich anfälliger für Trockenheit machen. Extremereignisse wie Hitzewellen, Dürren, Hagelschläge, Stürme und Waldbrände nehmen zu. Die Auswirkungen auf den Wald sind vielfältig: Früherer Austrieb, Frostgefahr und Wassermangel beeinträchtigen die Vitalität, also die Anpassungs- und Konkurrenzfähigkeit der Bäume. Besonders betroffen sind Buchen, Tannen und Fichten. Die Wälder werden anfälliger für Insektenbefall und Baumkrankheiten, die Bäume sterben vermehrt und teils sogar flächig ab. Durch den globalisierten Warenhandel werden zunehmend gebietsfremde Schadorganismen eingeschleppt, die das Ökosystem Wald erheblich gefährden können. Um ihre Verbreitung zu verhindern, ist die Früherkennung von zentraler Bedeutung. Weitere Massnahmen können die Anpassungsfähigkeit der Wälder unterstützen: die Pflanzung geeigneter Baumarten, die Förderung standortgerechter Mischwälder oder die Vergrösserung der genetischen Vielfalt. Sorgfältig geplante Testpflanzungen liefern dazu wichtige Erkenntnisse. Vertieftes Prozessverständnis und wissenschaftlich fundierte Aussagen über den Gesundheitszustand und die Vitalität des Waldes sind notwendig, um geeignete Massnahmen für eine nachhaltige Bewirtschaftung zu entwickeln. So kann der Wald in Zukunft seine Ökosystemleistungen auch unter veränderten Klimabedingungen erbringen.
Waldnutzung ¶
Holz ist für den Menschen der bedeutendste Rohstoff des Waldes. Darüber hinaus liefert der Wald weitere Produkte und Leistungen, deren nachhaltige Nutzung angesichts des Klimawandels sorgfältig geplant werden muss. Seit 2015 werden jährlich rund 5 Millionen Kubikmeter Holz geerntet und verkauft, davon rund 66 % Nadelholz und 34 % Laubholz. Der Nettozuwachs, der, vereinfacht gesagt, das Wachstum der lebenden Bäume darstellt, ist aufgrund einer steigenden Mortalität vor allem bei Fichte und Buche erstmals regional rückläufig. Der Anteil der Zwangsnutzungen hat vor allem in tieferen Lagen stark zugenommen. Aufgrund häufigerer Trockenperioden wegen des Klimawandels ist auch in Zukunft mit einem steigenden Anteil von Nadelholz an der Holzernte zu rechnen. Ausser der Holzproduktion erbringt der Wald eine Vielzahl weiterer Versorgungs-, Regulierungs- und kulturellen Leistungen. Ihre Bereitstellung verursacht Kosten, die bisher nur zum Teil gedeckt wurden. Zu den Waldleistungen zählen Nichtholz-Waldprodukte wie Waldpilze, Wildbret, Waldhonig und Weihnachtsbäume. Sie gewinnen an Bedeutung und können immer besser in Wert gesetzt werden. Angesichts des Klimawandels und der steigenden Ansprüche der Gesellschaft an den Wald nimmt die Komplexität der Waldplanung zu. Sie erfordert fundierte Datenerhebungen und Planungsinstrumente, die geeignet sind, um alle Aspekte der Waldnutzung zu berücksichtigen.
Biodiversität ¶
Die Biodiversität im Wald hat sich in der letzten Dekade leicht positiv entwickelt. Sowohl Zustand als auch Entwicklung der Biodiversität sind im Wald generell besser als im Offenland. Die Vielfalt der Schnecken-, Moos- und Baumarten sowie die Bestände der meisten Waldvogelarten haben zugenommen. Die Situation der gefährdeten Waldarten ist stabil bis leicht verbessert. Die Fortschritte sind auf die positive Entwicklung des Gesamtökosystems zurückzuführen. Naturferne Bestände haben abgenommen, Strukturvielfalt und Totholzvolumen haben zugenommen. Die Waldreservate nähern sich dem 10 %-Flächenziel. Allerdings bleiben regionale Unterschiede und Defizite. So weisen im Mittelland 70 % der Bestände einen naturfernen Fichtenanteil auf und sind anfällig für Störungen. 41 % der Waldgesellschaften – und damit der Lebensraum zahlreicher Arten – sind gefährdet. Eine grosse genetische Vielfalt der Bäume wäre ein Potenzial für die Anpassung des Waldes an den Klimawandel und sollte bei waldbaulichen Strategien berücksichtigt werden. Die Chancen und Risiken des Anbaus nicht einheimischer Baumarten und der stärkeren Nutzung von Energieholz müssen im Hinblick auf die Folgen für die Biodiversität sorgfältig abgewogen werden. Die Biodiversität ist die Basis der Resilienz des Waldes und somit für den Erhalt der Waldfunktionen unerlässlich. Der Klimawandel ist eine Herausforderung für den Erhalt der Biodiversität. Die Vernetzung der Wälder in der Landschaft zur Stärkung der Anpassung von Artengemeinschaften an den Klimawandel gewinnt zunehmend an Bedeutung.
Schutzwald ¶
In der Schweiz schützen 44 % des Waldes Menschen und Infrastrukturen vor gravitativen Naturgefahren wie Steinschlag, Lawinen und Murgängen. In der letzten Dekade sind die Schutzwälder dichter geworden, was für die momentane Schutzwirkung günstig ist. Allerdings wurden die Wälder dadurch auch dunkler. Wegen Lichtmangels und des hohen Wildverbisses fehlt deswegen zunehmend die Verjüngung. Dadurch ist die Schutzwirkung vielerorts nicht dauerhaft gewährleistet, und nach einer Störung dauert es länger, bis sie wiederhergestellt ist. Mit gezielten Verjüngungseingriffen und einem angepassten Wildtiermanagement kann dem entgegengewirkt werden, indem eine höhere Baumartenvielfalt erreicht wird, die den Schutz vor Naturgefahren auch unter verändertem Klima sicherstellt. Darüber hinaus schützen Wälder das Grundwasser als wichtigen Trinkwasserlieferanten vor Verunreinigungen. Grundwasser aus Waldgebieten enthält meist so wenig Schadstoffe, dass es ohne Aufbereitung als Trinkwasser genutzt werden kann. An einigen Orten überschreitet die Nitratkonzentration jedoch auch im Grundwasser von Waldgebieten den Grenzwert von 25 Milligramm pro Liter. Um die Nitratkonzentration im Grundwasser und damit im Trinkwasser zu senken, ist die Reduktion der Stickstoffeinträge aus der Luft erforderlich.
Soziökonomie ¶
Die Wald- und Holzwirtschaft erbringt vielfältige Leistungen für die Ökonomie und die Bevölkerung in der Schweiz. Ebenso beeinflussen die Menschen und die Wirtschaft die Nutzung des Waldes und der Ressource Holz stark. Die steigenden Ansprüche der Bevölkerung an die privaten und öffentlichen Waldeigentümerinnen und -eigentümer und an die Multifunktionalität des Waldes haben gleichzeitig Vor- und Nachteile: Einerseits können zusätzliche Einkommensquellen erschlossen werden, beispiels-weise durch Zertifikate für die Speicherung von Kohlenstoff. Andererseits können Zielkonflikte entstehen, wenn mehrere Waldleistungen gleichzeitig erbracht werden sollen, z. B. Rohholzproduktion, Erholungsmöglichkeiten und Schutz vor Naturgefahren. Erschwerend kommen die Auswirkungen des Klimawandels hinzu, die Investitionen zur Anpassung des Waldes bedingen. Auch die zunehmende Nutzung natürlicher Ressourcen im Zuge der Energiewende ist eine Herausforderung für die Waldbewirtschaftung. In dieser Situation ist eine bessere Abstimmung und Integration der Politik über die Sektorgrenzen hinweg erforderlich.
Folgerungen und Handlungsbedarf ¶
Der Schweizer Wald steht unter Druck wie noch nie. Der Waldbericht 2025 zeigt die zunehmende Belastung unserer Wälder in den letzten 10 Jahren durch Extremereignisse wie Hitze, Trockenheit und Stürme, den Befall durch Schadorganismen oder die anhaltend hohen Stickstoffeinträge.
Die Anpassungsfähigkeit der Wälder an den Klimawandel ist die grösste Herausforderung, um den Wald als resilientes Waldökosystem mit all seinen Leistungen, darunter besonders den Schutz vor Naturgefahren, zu erhalten. Die Förderung zukunftsfähiger Baumarten, die Verjüngung und die Reduktion des Wilddrucks sowie die weitere Förderung der Biodiversität spielen dabei eine zentrale Rolle.
Die Waldfläche soll in ihrer räumlichen Verteilung erhalten bleiben. Das gesetzlich verankerte Walderhaltungsgebot ist beizubehalten. Stressfaktoren wie Treibhausgasemissionen, zu hohe Stickstoffeinträge, die Ausbreitung von Schadorganismen und Waldbrände sind zu reduzieren.
Der adaptive naturnahe Waldbau ist weiterzuentwickeln und zu fördern, die integrative Waldbewirtschaftung ist verstärkt umzusetzen. Der Wald ist als Teil der Landschaft zu verstehen, der verschiedene Lebensräume landesweit vernetzt.
Die Wertschöpfungskette Wald und Holz muss sich von der Rohstoffproduktion über die Verarbeitung bis hin zur Nutzung der Produkte an die veränderten Bedingungen anpassen. Die Wald- und Holzwirtschaft kann zu einem wichtigen Element der Kreislaufwirtschaft werden und damit die umwelt- und klimapolitischen Ziele des Bundes unterstützen.
Um die Multifunktionalität des Waldes zu erhalten, müssen Konfliktfelder frühzeitig erkannt und in die forstliche Planung integriert werden. So können Lösungen auf Synergien statt auf Gegensätze ausgerichtet werden.
Ein verstärkter Dialog zwischen allen Akteuren und Interessengruppen im Bereich Wald und Holz sowie geeignete politische Rahmenbedingungen sind Voraussetzungen, um die vielfältigen Herausforderungen zu meistern.
Den Waldbericht lesen ¶
Der Waldbericht 2025 wird gemeinsam vom BAFU und der WSL herausgegeben.
Mit seiner an den Berichten von Forest Europe orientierten Struktur liefert der Waldbericht international vergleichbare Ergebnisse und dient als einzigartige Referenzpublikation. Er beantwortet anhand einer breiten Datenbasis aus Langzeiterhebungen wichtige Fragen für Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Der Waldbericht richtet sich an Fachleute und an eine am Thema Wald und Holz interessierte Leserschaft.
Die folgenden Beiträge der beiden Organisationen stellen den Waldbericht 2025 und seine Inhalte aus unterschiedlichen Blickwinkeln vor:
- Medienmitteilung "Waldbericht 2025: Schweizer Wald unter Anpassungsdruck" vom 18. März 2025
- Rede von Rolf Holderegger, Direktor der WSL, an der Medienkonferenz zum Waldbericht vom 18. März 2025
- Rede von Thomas Wohlgemuth an der Medienkonferenz zum Waldbericht vom 18. März 2025
- Webdossier Waldbericht 2025 beim BAFU
- Der Waldbericht 2025 auf waldwissen.net
Ansprechpersonen der WSL zum Waldbericht 2025 ¶
Thema | Person | Sprache(n) |
Waldbericht 2025 allgemein, Störungen (Sturm, Trockenheit) | Thomas Wohlgemuth | D, E |
Waldbericht 2025 allgemein, Waldschäden | Valentin Queloz | F, E |
Waldbericht 2025 allgemein, Waldmonitoring Schweiz und Europa | Marco Ferretti | I, E |
Datengrundlagen: Waldmonitoring Schweiz und Europa, Ressourcen im Wald | Christoph Fischer | D, E |
Waldgesundheit, Auswirkungen des Klimawandels | Marcus Schaub | D, E |
Wald- und Holznutzung | Janine Schweier | D, E |
Biodiversität | Martina Peter | D, E |
Verjüngung (nachwachsende Bäume) | Barbara Moser | D, E |
Schutzwald | Barbara Allgaier Leuch | D, F, (E) |
Sozioökonomie – Waldwirtschaft, Holzmarkt, Freizeitnutzung | Roland Olschewski | D, E |