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Integrales Gewässermanagement
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Gesteigerter Erholungswert

   
 

Immer mehr Menschen wohnen in einem städtisch geprägten Umfeld und suchen in ihrer Freizeit die Begegnung mit der Natur. Hier können sie Erfahrungen machen, die im städtischen Alltag nur noch selten möglich sind. Auf Flüsse bezogen sind dies z.B. Boot fahren, Baden, Fischen, Bräteln und Natur beobachten.

 

Aufweitungen laden zum Spielen ein (Auenberatungsstelle)


Abb.1: Umfrage (n=240) zum jetztigen, d.h. kanalisierten Zustand der Thur (Junker B. et al., 2003).

     
 

Wie eine Umfrage an der Thur gezeigt hat, haben ein natürlicher Flussverlauf (Mäander, Buchten, Kiesbänke etc.) sowie gute Nutzungs- (v.a. Spazieren, Velo fahren, Baden) und Zugangsmöglichkeiten zum Fluss einen hohen Stellenwert für die erholungssuchende Bevölkerung.

Als Antwort auf die Frage "Was der Bevölkerung von Bürglen und Weinfelden an der Thur nicht gefällt" (kanalisierte Strecke) wurden am häufigsten genannt (Abb. 1):

  • schlechte Wasserqualität (17%),
  • zu wenig natürlich (14%),
  • Geradlinigkeit, Langweiligkeit (14%),
  • starke Verbauung (7%) und
  • zu wenig Zugangsmöglichkeit (13%)

Daraus lässt sich schliessen, dass heute Erholungsanreiz und Nutzungsmöglichkeiten für unsere meist kanalisierten und monotonen Gewässer eingeschränkt sind und der Flussraum sein Potential für Erholungssuchende nicht voll entfalten kann.

 
     
 

Durch Aufweitungen lässt sich jedoch der Freizeitwert eines Flusses erhöhen, denn:

 
 
  • Aufweitungen schaffen Zugang zum Wasser und Bademöglichkeiten,
  • neu entstehende Kiesbänke laden zum Verweilen ein,
  • durch Aufweitungen entsteht ein vielfältiges Landschaftsbild und
  • Aufweitungen machen Natur und Dynamik wieder erlebbar.
 
     
 

Den Wert einer Aufweitung zeigt eine weitere Untersuchung, in der eine aufgeweitete Strecke und eine kanalisierten Strecke hinsichtlich der Besucherzahlen und ausgeübten Freizeitaktivitäten miteinander verglichen wurden. So konnten während einer Stichprobenzählung an einem sehr sonnigen und warmen Sonntag im August an der Thur-Aufweitung in Gütighausen mehr BesucherInnen und Freizeitaktivitäten gezählt werden, als an einer kanalisierten Strecke bei Weinfelden (Abb.2). Besonders auffällig ist die Dominanz der wasserbezogenen Aktivitäten am aufgeweiteten Abschnitt.

Abb.2: Zählung der BesucherInnen und ausgeübten Freizeitaktivitäten an der Thur-Aufweitung in Gütighausen und einem kanalisierten Abschnitt bei Weinfelden (Capelli, F. 2004).

Standortcharakterisierung:
Die kanalisierte Strecke bei Weinfelden ist durch die Trennung von Weg und Thur durch landwirtschaftlich genutzte Vorländer und durch ein steiles Ufer gekennzeichnet.
Wohingegen bei der Aufweitung bei Gütighausen die Thur vom Weg aus sichtbar ist und das Wasser über flache Ufer und Kiesbänke erreichbar ist.

Bei der Interpretation dieser Ergebnisse ist zu beachten, dass es sich um eine einzelne Stichprobe handelt, die Zählung an unterschiedlichen Sonntagen stattfand und dass Doppelnennungen möglich sind. Darüber hinaus befinden sich in der Nähe der Aufweitung ein Parkplatz und eine Gaststätte, welche sich möglicherweise positiv auf die Besucherzahlen an der Aufweitung auswirken.

 
       
 

Erholungsaktivitäten und ökologische Aufwertung –
mögliche Zielkonflikte

   
 

Erholungsaktivitäten können ökologische Funktionen und Prozesse bzw. Pflanzen und Tiere negativ beeinflussen (siehe Tab.1). Es kann zu Konflikten zwischen den Zielen "ökologische Aufwertung" und "Erholungsnutzen" kommen. Ob es zu einer Konfliktsituation kommt hängt ab von:

  • Art der Nutzung
  • Zeitpunkt, Häufigkeit, Dauer und Intensität der Nutzung
  • Wechselwirkung mit anderen Aktivitäten
  • Empfindlichkeit der betroffenen Ökosystemfunktionen bzw. Tier- u. Pflanzenarten.
   
       
 

Wassersport

Baden,
Boot fahren,
Angeln …

  • Schädigung der Vegetationsdecke am Ein-/Aussstieg
  • Schädigung der Schwimmblatt- und Röhrichtzone
  • Beunruhigung von wildlebenden Tieren und dadurch:
    • Auslösen von Stressreaktionen
    • Verzicht auf Ansiedlung und/oder Fortpflanzung
    • Unterbrechung von Brut und Nahrungssuche
  • Zertreten der Eier von bodenbrütenden Vögeln
  • Zerstörung von Fischlaichbetten durch Einwirkung von Paddel oder Tritt
  • Schädigung von Fischen oder Wasserinsekten durch Aufwirbeln von Sedimenten
    (Kies, Sand, Schlamm)

Aktivitäten im Bereich von Ufer/Inseln

Picknicken, Sonnenbaden, Grillieren,
Spazieren gehen,
Hunde spazieren führen,
Velo fahren,
Reiten …

  • Schädigung bzw. Veränderung der Pflanzendecke durch Tritteinwirkung
  • Abbrechen von Ästen, Jungbäumen, Sträuchern (Brennholz)
  • Entnahme von Totholz (Brennholz)
  • Vernichtung der Pflanzendecke durch Feuer
  • Beeinträchtigung oder Verhinderung der natürlichen Sukzession (Entwicklung)
  • Beunruhigung von wildlebenden Tieren und dadurch:
    • Auslösen von Stressreaktionen
    • Verzicht auf Ansiedlung und/oder Fortpflanzung
    • Unterbrechung von Brut und Nahrungssuche
  • Zertreten der Eier von bodenbrütenden Vögeln
  • Tod von Wildtieren durch Hunde

Tab.1: Freizeitaktivität und mögliche Folgen für Pflanzen und Tiere

 

 

Mit gutem Beispiel voran ...

   
 

Grosse und viele Aufweitungen und gegenseitige Rücksichtnahme helfen, mögliche Konflikte zu vermeiden bzw. zu entschärfen. Wie dies aussehen kann zeigt ein Beispiel an der Thur:

Im Sommer 2003 fiel einem Ornithologen der Balzflug von zwei Flussregenpfeifferpaaren auf. Die sonst unauffällig am Boden lebenden Vögel verrieten damit ihre Anwesenheit und ihre Absicht. Damit die Tiere ungestört ihrem Brutgeschäfft nachgehen können und die am Boden liegenden, unauffälligen Eier nicht versehentlich zertreten werden, wurde die Insel mit einem Plastikband für die Brutzeit abgesperrt. Zusätzlich warben Informationstafeln und der lokale Ornithologe bei den Erholungssuchenden für Verständnis. Nach vier Wochen konnten die Jungvögel erfolgreich schlüpfen. Dieser Erfolg war möglich dank der Rücksichtsnahme der Erholungssuchenden und der Möglichkeit auf andere, aufgeweitete Abschnitte der Thur auszuweichen.

   
 

Kontakt: