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Integrales Gewässermanagement
© WSL, Eawag, ETHZ, EPFL
 

Fische

   
 

Bisherige Erfahrungen

   
 

Aufweitungen erhöhen die Habitat- und Strukturvielfalt im Fluss. Es entstehen Hinterwasser, Naturufer, Schotterbänke, Riffle und Totwasser, die sich durch unterschiedliche Fliessgeschwindigkeiten, Wassertiefen und Substratverhältnisse unterscheiden. Damit werden zum einen die Reproduktionsverhältnisse sowohl für strömungsliebende (z.B. Bachforelle, Aesche, Strömer), für strömungsindifferente (Rotauge, Laube, Hecht etc.)  als auch strömungsmeidende Fischarten (Rotfeder, Schleie.) verbessert und zum anderen stehen vermehrt Nahrungs- und Rückzugshabitate für verschiedene Fischarten bzw. deren unterschiedliche Stadien zur Verfügung:

  • Riffle  sind oft Aufenthaltsorte von strömungsliebenden Jungfischen
  • Zonen mit geringer Fliessgeschwindigkeit schützen junge und strömungsschwache Fische vor Abdrift
  • und Kolke sind während Niederwasserperioden für die Tiere wichtige Rückzugsräume.

Aufweitungen sind Teil des gesamten Fliessgewässersystems. Durch die oben genannten Habitatverbesserungen kann sich grundsätzlich eine Erhöhung der Bestandswerte im gesamten Flusslauf ergeben.

 

Nase (Peter)



Befischung der Thur (Peter)



     
 

Fallbeispiel Thur

 
 

Um die Auswirkungen von Flussaufweitungen auf die Fische zu beurteilen, wurden im Frühling/Sommer 2003 sieben Aufweitungen (4'738m) und drei kanalisierte Strecken  (2'148m) der Thur elektrisch befischt (siehe Projekt EAWAG).

Lage und Charakteristik der Untersuchungsstellen sind aus Abbildung 1 und Tabelle 1 ersichtlich. Durch die Aufweitungen haben Habitatvielfalt und Variabilität der Wassertiefe und der Fliessgeschwindigkeit deutlich zugenommen (Tab.1).


 
 
  Abb.1: Karte mit den befischten Strecken der aufgeweiteten bzw. kanalisierten Thur (Hörger und Keiser 2003)
       
 
Thur

Aufweitungsstrecken

kanalisierte Strecken

Wassertiefe

flach (0.05 -  0.3m)
mittel (0.3 – 0.5m)
tief (0.5 - 1.3m)

mittel (0.3 – 0.5m)
(bis 1.5m hinter Störsteinen)

Fliessgeschwindigkeiten

stehend

schwach bis mittelstark fliessend

stark fliessend

keine Variation
mittel, 0.3-0.7 m/s

vorgefundene Habitattypen

  • Blockwurf
  • Flussmitte
  • Buhnen
  • Hinterwasser
  • Naturufer
  • Raubaumverbau
  • Riffle
  • Schotterbank
  • Totwasser
  • Blockwurf
  • Flussmitte
  • Störsteine

angetroffene Arten

Aal
Alet
Äsche
Bachforelle
Bachsaibling
Barbe
Egli
Elritze
Groppe
Gründling
Hasel
Moderlieschen
Nase
Schmerle
Schneider
Stichling
Strömer

Aal
Alet
-
Bachforelle
-
Barbe
-
Elritze
-
Gründling
Hasel
-
Nase
Schmerle
Schneider
-
Strömer

   
 

Tab.1: Charakteristika u. Fischgemeinschaften aufgeweiteter bzw. kanalisierter Strecken an der Thur.

   
       
 

In den sieben befischten Aufweitungsstrecken konnten insgesamt 17 Arten gefangen werden, in den drei kanalisierten Strecken waren es insgesamt 11 Arten (Tab.1). Auch wenn in den Aufweitungen mehr Arten angetroffen wurden als in den kanalisierten Strecken, kann nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Aufweitungen eine höhere Artenvielfalt aufweisen als die kanalisierte Thur. Denn bei jenen Arten, die nur in den Aufweitungen und nicht in den kanalisierten Abschnitten nachgewiesen werden konnten, handelt es um Einzelfänge. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass in der kanalisierten Thur ähnlich viele Arten leben wie in den aufgeweiteten Abschnitten.

Grosse Unterschiede hingegen weisen die Individuenzahlen der unterschiedlichen Abschnitte auf. Die Aufweitungen bieten mehr Fischen Lebensraum, als die kanalisierte Thur. In den Aufweitungen können im Schnitt 325 Tiere pro 100m angetroffen werden, während man in den kanaliserten Strecken im Schnitt nur mit 254 Tiere rechnen kann.

Nicht nur die Gesamtzahl der Individuen unterscheidet sich, sondern auch die Dominanzverhältnisse. In den Aufweitungen kamen Schmerle gefolgt von Alet und Schneider am häufigsten vor (Abb.2). Schmerle und Alet  waren auch die häufigsten Arten in der kanalisierten Thur. Jedoch ist in den kanalisierten Strecken der Schneider nicht mehr so dominant wie in den Aufweitungen, denn im Gegensatz zu den kanalisierten Strecken weisen die Aufweitungen Totwasser auf, welche der bevorzugte Habitatyp des Schneiders sind (Tab.2). An die Stelle des Schneiders tritt nun der Aal als dritthäufigste Art der kanalisierten Abschnitte (Abb.3).

Tabelle 2 zeigt für die Aufweitungen wo sich die einzelnen Arten bevorzugt aufhalten.

Insgesamt lässt sich sagen, dass Aufweitungen die Lebensbedingungen für eine lokal bereits vorhandene Fischfauna stark verbessern (höhere Bestandesdichte). Dies ist die grösste Auswirkung der Aufweitungen auf die Fischfauna. In Abhängigkeit von den Rahmenbedingungen im Fliessgewässersystem (z.B. Durchgängigkeit) können Aufweitungen in Einzelfällen auch zur Rückkehr bzw. Ansiedlung neuer Arten führen.

Im Einzelfall muss jedoch abgeklärt werden, ob die Habitatverbesserungen auch wirklich zu einer Erhöhung der Artenvielfalt bzw. Individuendichte führen, oder ob die Strukturverbesserungen lediglich dazu führen, dass Fische aus weniger geeigneten Habitaten angezogen werden.

 

   
   
  Abb.2: Gesamtübersicht Aufweitungen (N = 1543 Individuen, Länge = 4738 m) (Hörger und Keiser 2003)
       
   
 

Abb.3:  Gesamtübersicht kanalisierte Thur (N = 546 Individuen, Länge = 2148 m) (Hörger und Keiser 2003)

       
 
 
Block-
wurf
Buhnen
Fluss-
mitte
Hinter-
wasser
Natu-
rufer
Rau-
baum
Riffle
Schotter-
bank
Tot-
wassser
Aal
0.449
0.107
0.750
0.009
0.154
0.179
0.030
0.008
0.056
Alet
0.075
0.328
0.000
0.168
0.295
0.299
0.083
0.033
0.156
Äsche
0.000
0.000
0.250
0.407
0.003
0.000
0.000
0.044
0.000
Bachforelle
0.019
0.046
0.000
0.177
0.010
0.000
0.008
0.006
0.000
Bachsaibling

0.000

0.000
0.000
0.009
0.000
0.000
0.000
0.000
0.000
Barbe
0.047
0.038
0.000
0.018
0.061
0.030
0.000
0.061
0.017
Egli
0.000
0.004
0.000
0.000
0.006
0.060
0.000
0.000
0.000
Elritze
0.019
0.164
0.000
0.018
0.019
0.104
0.083
0.017
0.061
Groppe
0.009
0.004
0.000
0.000
0.000
0.000
0.000
0.003

0.022

Gründling
0.009
0.050
0.000
0.009
0.016
0.030
0.000
0.003
0.011
Hasel
0.009
0.038
0.000
0.000
0.032
0.060
0.144
0.022
0.000
Moderlieschen
0.009
0.000
0.000
0.000
0.000
0.000
0.000
0.000
0.000
Nase
0.019
0.000
0.000
0.000
0.000
0.015
0.000
0.000
0.000
Schmerle
0.084
0.053
0.000
0.177
0.237
0.075
0.538
0.711
0.089
Schneider
0.252
0.141
0.000
0.009
0.154
0.045
0.114
0.094
0.531
Stichling
0.000
0.000
0.000
0.000
0.000
0.000
0.000
0.000

0.006

Strömer
0.000
0.027
0.000
0.000
0.013
0.104
0.000
0.000
0.050
 
eudominant: 0.32-1   dominant: 0.10-0.319   subdominant: 0.032-0.099
rezedent: 0.01-0.031   subrezedent: 0.0032-0.0099   sporadisch: <0.0032

 

Tab.2: Dominanz - Indices der Fischarten in den verschiedenen Strukturen (Hörger und Keiser 2003)

 

Kontakt:

Untersuchungsstelle